Fred Waitzkin, amerikanischer Journalist, ist Vater des Schachspielers Joshua Waitzkin, der in den 80er Jahren eines der begabtesten Schachtalente in den USA war und 1986 zum ersten Mal die nationale Schulmeisterschaft gewann. »Searching for Bobby Fischer« ist Fred Waitzkins Bericht über die etwa drei Jahre von der Entdeckung von Joshs Begabung bis zum Gewinn der Meisterschaft. Das Buch zeichnet sich nicht nur durch seine gute Lesbarkeit aus, sondern vor allem durch die zahlreichen Perspektiven, die es präsentiert: Nicht nur Joshs Entwicklung wird thematisiert, sondern auch Waitzkins persönliche Ängste und Ambitionen als Vater eines Wunderkindes, die erbärmliche ökonomische Perspektive, der sich ein Profi-Schachspieler für gewöhnlich gegenübersieht, die geringe gesellschaftliche Anerkennung, die Schachspieler genießen, die suchtartigen Zustände, die Spieler dem Schach gegenüber entwickeln und die sie – wie alle Süchte – allem anderen gegenüber gleichgültig werden lassen und vieles andere mehr.
In diese Zeit fällt auch eine Reise von Fred, Josh und Joshs Trainer Bruce Pandolfini nach Moskau zum ersten Weltmeisterschaftskampf zwischen Karpov und Kasparov. Während dieser Reise trifft Fred Waitzkin unter anderem Boris Gulko, der als Geächteter des Sowjetsystems mit seiner Frau und seinem Kind am Rande der Armut vegetiert. Er lernt auch bei zwei kurzen Besuchen in Schachklassen die Ausbildung der sowjetischen Schachschule kennen, die ihre Schüler durch kontinuierlichen und konsequenten Unterricht zu der erstaunlichen Höhe und Breite schachlicher Leistungen befähigt, die bis heute in der Schachwelt nachwirkt. Später macht sich Fred Waitzkin auch tatsächlich auf die Suche nach Bobby Fischer, die der Titel verspricht. Auch ihm gelingt es nicht, Fischer persönlich zu treffen, aber das kurze Portrait dieses wohl zutiefst verstörten Menschen, das er aus Gesprächen mit ehemaligen Freunden und Bekannten Fischers entwickelt, ist prägnant und präzise.
Waitzkins Buch ist auch Grundlage eines gleichnamigen Spielfilms geworden – auch unter dem Titel »Innocent Moves« und in Deutschland als »Das Königsspiel« mit einer grauslichen Synchronisation in die Kinos gekommen –, der aus theatralischen Gründen einiges ändern und straffen musste. Allen, die den Film schätzen, ist auf jeden Fall zu empfehlen, auch das Buch zu lesen, um die Anteile von Fiktion und Realität besser einschätzen zu können.
Fred Waitzkin: Searching for Bobby Fischer. New York: Random House, 1988. Penguin Book, 1989 ff. Broschur, 226 Seiten. Ca. 12,– €.