… mein kleinkrimineller Vetter und der Rest der Bagage. Der Titel ist auch schon das Originellste am Buch. Das Buch ist eine Ansammlung von kurzen, anekdotischen Erzählungen um die Figuren einer Familie. Jede Erzählung ist mit einer Jahreszahl von 1967 bis 2003 überschrieben und viele mit einem spezifischen Ereignis des Jahres eingeleitet. Allerdings ist der Zusammenhang mit dem Rest des Erzählten oft eher zufällig, so dass sich die vorgebliche Struktur als ebenso oberflächlich erweist wie der Rest des Buches.
Der Humor des Buches lebt ausschließlich von der Überzeichnung alltäglicher Ereignisse und normaler Verhaltensweisen. Deshalb geraten nahezu alle Figuren zu Karikaturen und der Ich-Erzähler zu einem überheblichen Zyniker. Mancher mag das lustig finden; mir sprach mehr der Satz
Ich mag dieses altkluge Gewäsch nicht hören. [S. 156]
aus der Seele. Aber das ist eine Geschmacksfrage. Dass der Autor durchaus Potenzial zu Besserem hat, zeigt sich vereinzelt in der Zeichnung der Mutter, die ihm hier und da beinahe zu einer wirklichen Figur gerät (etwa auf S. 115 f.). Dass er dies bemerkt und den stilistischen Bruch gerade noch verhindert, in dem er in sein übliches Geschwätz zurückwechselt, beweist, dass er besser zu schreiben versteht, als er es in diesem Buch zeigt. Nur macht es eben dieses Buch nicht besser.
Wer schlichte Unterhaltung sucht, bei der er seinen Kopf nicht groß gebrauchen und seine Aufmerksamkeitsspanne acht Seiten nicht übersteigen muss, wird sicherlich gut bedient. Wer allerdings nicht liest, um seine Zeit zu vertun, sollte auf ein späteres Buch des Autors hoffen. Positiv erwähnt werden sollte vielleicht noch der Schutz- umschlag von Cornelia Niere, der ein echter Blickfang ist.
Frank Jöricke: Mein liebestoller Onkel, mein kleinkrimineller Vetter und der Rest der Bagage. Münster: Solibro-Verlag, 2007. Pappband, Lesebändchen, 248 Seiten. 19,90 €.
Lieber Musagetes,
möchten Sie dieses Buch nicht auf http://www.buchbestattung.de beisetzen?
Ich wünsche frohe Ostern und bessere Bücher!
Connie Müller-Gödecke
Ach, ich möchte es gar nicht so scharf verurteilen: Solche rein unterhaltenden Bücher haben ihr Publikum und deshalb auch ihre Berechtigung. Auch wenn ich die Art des Humors nicht teilen mag und die Lektüre für Zeitverschwendung halte, bedeutet das wenig mehr, als dass ich nicht zur Zielgruppe gehöre, nicht mehr und nicht weniger. Und das Erstaunliche an diesem Buch ist, dass man ihm sowohl ablesen kann, dass der Autor ganz professionell versucht, auf eine zuvor bestimmte Zielgruppe hinzuschreiben, als auch dass er durchaus auch anders schreiben kann.
das hört sich ja sehr interessant an. werde ich mir mal demnächst ausleihen oder kaufen und dann in meinem Blog meinen Senf ablassen. Danke für den Tipp!
Sie meinen also, solch eine schlechte Kritik sei ein Kauf- oder Lese-Anreiz?
Wo sollen wir Kritiker denn dann noch kritisieren, wenn Sie unsere Argumente so ins Gegenteil verkehren ;=)
Hunderttausende guter Bücher warten auf Sie und Sie wollen dieses Machwerk lesen ??????