Lieber Gott, mach mich fromm,
dass ich in den Himmel komm!
Ich habe mich lange damit getragen, wie ich dieses Buch besprechen soll. Da gäbe es zum einen die Möglichkeit, sich über die Werbung des Verlages zu amüsieren, der sich nicht entblödet, seine Autorin als Prinzessin Elisabeth von Thurn und Taxis zu präsentieren, um dann folgen zu lassen:
Dieses Buch zeigt: Katholisch ist das Gegenteil von spießig. Katholisch ist chic, katholisch ist cool.
Aber man soll eine Autorin nicht die Dummheiten des Vertriebs büßen lassen.
Zum anderen könnte man sich über den naiven Aberglauben der Autorin lustig machen:
Neulich reservierte ich in einem recht teuren Kurhotel ein Doppelzimmer. […] Leider buchte ich die Zimmer zwar für die richtigen Tage, aber im falschen Monat. Als ich dann durch eine E-Mail auf die Stornierungsfrist hingewiesen wurde, drehte sich fast mein Magen um. Der volle Betrag sollte bezahlt werden! […]
Schnell schickte ich dem Hotel eine herzzerreißende Entschuldigungs-E-Mail hinterher. Ich erhoffte mir davon allerdings nicht sehr viel, immerhin hatte ich schon eine klare Ansage bekommen: Zahlen! Da fiel mir plötzlich mein treuer Freund und Helfer, der heilige Antonius, wieder ein. Ich betete also ein kurzes Stoßgebet. Ich machte ihm ein Angebot, dass er, so hoffte ich, nicht ablehnen konnte. Überwältigt war ich, als ich in meinem Posteingang eine neue E-Mail des Hotels vorfand. Meine Stornierungsgebühr war tatsächlich storniert worden!
Gott sei Dank muss ich dieses Phänomen nicht begreifen.
Aber dies hieße nur, dem Zynismus beitreten, der der Veröffentlichung dieses Buches offenbar zugrunde liegt.
Dann wieder könnte man die zahllosen Blüten eines Abitur-Aufsatz-Stils auflesen:
- Wie auch das Frühstücksei ist die Beichte eigentlich ein Genuss, den man ruhig öfter mal konsumieren darf.
- Kaum aber berührt nach unendlicher Enthaltsamkeit eine Laugenbrezel wieder den Gaumen, macht sich auch gleich der gegen den Hosenbund drückende Bauch wieder bemerkbar! Alles für die Katz!
- Ich schaffe in mir Platz für den Willen Gottes, in dem [sic!] ich meinen eigenen Willen in den frisch gemahlenen Kaffeebohnen vergrabe.
- Auch die Buddhisten beschäftigen sich viel mit Meditation.
- Das Hinknien fiel langsam aber sicher unter den Tisch.
- Das Erwachsenwerden hat vielerlei Vor- und Nachteile.
Aber es erschiene mir letztlich doch zu billig, eine Autorin, die in gutem Glauben einer Veröffentlichung dieser Texte zugestimmt hat, auf diese Weise vorzuführen.
Schließlich könnte man noch der Geschwätzigkeit des Buches das notwendige Schweigen wahrer Frömmigkeit gegenüberstellen, aber damit würde man nur mit theologischen Kanonen auf betende Spatzen schießen.
Ich habe mich daher entschlossen, das Buch lieber gar nicht zu besprechen. Tut mir leid!
Elisabeth von Thurn und Taxis: fromm! Kißlegg: fe-medienverlags GmbH, 2009. Pappband, 192 Seiten. 9,95 €.
(geschrieben für Literaturwelt.de)
Das wäre doch ein Treffer für die Buchbestattung… da gehört solch ein Schmonzes hin!
Ein gutes Neues Jahr für Sie, Herr Bonaventura und nur wenig Malaventuren im nächsten Jahr!
… gar nicht besprochen haben Sie’s ja nun auch nicht; den Schmerz bei der Entscheidung verstehe ich: man fühlt sich als Rezensent den Autoren und Verlagen gegenüber verpflichtet. Was für Qualen einem dann manche Lektüre auferlegt …
Für’s Neue Jahr wünsche ich viele lohnende Bücher.
Guten Start, beste Grüße
Ach, das haben Sie auch gemerkt?
Offengestanden verstehe ich Ihre despektierliche Haltung gegenüber dem Buch der Prinzessin nicht: Niemand hat Sie schließlich gezwungen es zu lesen, geschweige dem das zu tun, was Sie vorgeben nachgerade nicht zu beabsichtigen: die Autorin vorzuführen!
Schlechterdings vermisse ich in Ihrer Kritik eine gewisse Inhaltsschwere, die jemandem, welcher scheinbar promoviert wurde, eigentlich eigen sein sollte. Sich über den Namen der Verfasserin zu mokieren gibt vom materialen Gehalt Ihrer Rezension ein beredtes Zeugnis.
Fernerhin sollte Sie eigentlich darüber unterrichtet sein, daß es mitnichten von einem kritisch-aufgeklärten respektive rationalistischen Geist zeugt, sofern man die katholische Volksfrömmigkeit kritisiert. Dies ist eine Spähre, die sich dem Rationalismus schlechthin entzieht. Das hat selbst ein sozialistischer Denker wie Antonio Gramsci, der seine Faszination gegenüber der Una Sancta, die es als einzige Institution über 2000 Jahre vermochte sowohl Vokskirche zu sein, als auch intellektuell hochstehende Persönlichkeiten in ihren Bann zu schlagen und hervorzubringen, bedingungslos zugegeben.
Vielleicht denken Sie inskünftig daran, wenn Sie sich von ihren säkularen Gefühlen statt von Ihrem Geist leiten lassen.
Ich wundere mich, dass eine solche, halb maulende, halb beleidigende Reaktion erst jetzt kommt, da sie eigentlich typisch für die demütige Haltung der Christen ihren Nächsten gegenüber ist. Dass Sie die Ironie bemerkt haben, adelt Sie natürlich!
Ich will nur eine Stelle beantworten, da sich der Rest selbst kommentiert: Ich mokiere mich nicht über den Namen der Autorin, sondern über die Verwendung dieses Namens durch den Verlag.
Ob meine Antwort „typisch“ für die „demütige Haltung der Christen ihren Nächsten gegenüber ist“, weiß ich nicht. Wohl aber, daß es mir fern lag, Sie zu beleidigen.
Dennoch halte ich den Vorwurf aufrecht, daß Sie erneut kein inhaltliches Argument vorbrachten, sondern lediglich auf Äußerlichkeiten der Kritik rekurrierten.
Fernerhin leuchtet mir nicht ein, warum Sie die Verwendung des vollständigen Namens der Autorin durch den Verlag stört? Welchen Namen soll dieser denn statt dessen gebrauchen? Die junge Dame heißt nach Gesetz und Verfassung „Elisabeth Prinzessin v. Thurn und Taxis“? Das können Sie nicht leugnen — auch wenn es Sie stört. Außerdem bin ich davon überzeugt, daß Sie selbst etwas im Grundsatz dawider hätten, würde man Ihre eigenen Bücher mit unkorrektem Namen bewerben.
Trotz allem liegt mir daran, Ihnen Respekt zu zollen, haben Sie meinen durchaus kritischen Beitrag doch nicht einfach nur gelöscht. Das zeugt von Haltung.
Gegen Unsinn ist es unnötig, Argumente vorzubringen, man muss ihn nur vorführen. Das habe ich getan.
Was die Verwendung des Namens angeht, versuchen Sie vielleicht einmal, meine Anmerkung im Zusammenhang zu lesen; wenn es Ihnen dann immer noch nicht aufgeht, ist das ja auch nicht weiter schlimm. Nicht jeder muss jeden Zusammenhang verstehen.
Und nun gehaben Sie sich wohl.
Ich bin erst kürzlich über dieses Buch gestolpert und habe – sprachlos, dass Texte von so unterirdischer inhaltlicher und sprachlicher Qualität es bis auf gedrucktes Papier schaffen – mich nach Rezensionen umgesehen. So kam ich zu Ihrer Seite.
Meiner Meinung nach haben Sie diese heikle Aufgabe sehr taktvoll gelöst und die Autorin durchaus geschont. Man wünscht ihr einen Schutzheiligen, der ihr in Sachen Schriftstellerei ähnlich kompetent zur Seite steht wie offenbar der Heilige Antonius im Bereich Hotelstornierungen.