Populäre, oberflächlich bleibende Biografie Luises von Preußen als »Königin der Herzen«, wie sie der Untertitel bezeichnet. Der Ausdruck wurde übrigens von August Wilhelm Schlegel in einem Gedicht anlässlich der Berliner Huldigungsfeier für Friedrich III. geprägt. Die Biografie dokumentiert umfangreich die Kleidung der Prinzessin und späteren Königin, auch erfährt man viel über die Inneneinrichtung der von ihr bewohnten Schlösser. Darüber hinaus ist zu lesen, dass Ende des 18. Jahrhunderts »außerhalb der Stadt [Berlin] ländliche Gegenden« lagen (S. 95) und »im Inneren der Stadtmauern […] etwa 170 000 Menschen« lebten (S. 96). Ähnlich überraschend dürfte sein, dass Friedrich Wilhelm II. »eine enge Beziehung mit seiner langjährigen Mätresse« (S. 91) hatte. Überhaupt die Sexualität im 18. Jahrhundert:
Was sich hinter den geschlossenen Türen vollzog, darüber schweigen sich die Quellen aus. Angesichts des Fehlens einer sexuellen Erziehung muss man sich, auch wenn die Prinzen eventuell Erfahrungen mit Mätressen haben konnten, wohl eher ungelenke Versuche vorstellen. Doch erst durch den «Vollzug» galt die Eheschließung als unauflöslich. Abgesehen davon musste sich so bald wie möglich Nachwuchs einstellen, denn das war ja der Hauptzweck der Heirat. Lassen wir also Luise und Friedrich Wilhelm in diesem Moment allein. Ob ihre Hochzeitsnacht schüchtern oder stürmisch, innig oder kühl, albern oder ehrfürchtig war, das kann kein Historiker wissen. Denn auch wenn die Urtriebe des Menschen bleiben, die Masken des Begehrens ändern sich mit den Jahrhunderten. Tatsache ist allerdings, dass kaum zehn Monate nach der Hochzeitsnacht das erste Kind des Kronprinzenpaares zur Welt kam. [S. 85]
Oh goldene Zeiten, in denen sich die Quellen noch ausschwiegen! Und noch andere intime Tätigkeiten gab es:
Auch wenn aufwändige Staatsakte unweigerlich zum Königsein gehörten, war das eigentliche Regieren eine zurückgezogene, ja nahezu geheime Tätigkeit. Selbst Luise dürfte ihren Schwiegervater wohl nie dabei beobachtet haben. Der König hatte keinen dauerhaften Arbeitsplatz, sondern er regierte immer in der Residenz, wo er sich gerade aufhielt. [S. 89]
Man denke: Obwohl der Schwiegerkönig immer in all den Residenzen herumregierte, durfte selbst Luise nie dabei zusehen! Potztausend! Möglicherweise hat sie auch sonst nicht bei allem dabei sein dürfen?
Es ist doch bedauerlich, dass ein Verlag wie C. H. Beck anlässlich des 200. Todestages der Luise von Preußen nichts besseres als diesen Schmonzes auf den Markt zu bringen versteht.
Daniel Schönpflug: Luise von Preußen. Königin der Herzen. München: C. H. Beck, 2010. Leinen, 286 Seiten mit gut 30 Abbildungen. 19,95 €.