Der abschließende Band von Herbert Rosendorfers groß angelegter Deutscher Geschichte. Rosendorfer ist inzwischen 76 Jahre alt, und es ist verständlich, dass er sich weitere Bände nicht mehr zumuten möchte, insbesondere weil die Erzählung, je näher sie an die Gegenwart heranrückt, immer detaillierter und die Recherche dafür immer aufwendiger werden muss. Schon diesem letzten Band merkt man an, dass der Autor sich passagenweise zu sehr auf sein Gedächtnis verlässt, was zu dem einen oder anderen vermeidbaren Fehler führt. Besonders in der einleitenden Übersicht über die Literatur der Jahre zwischen 1750 und 1806 finden sich zahlreiche grobe Patzer: Lenz trug den Vornamen Jakob, nicht Konrad; bei Klingers »Faust« handelt es sich um einen Roman, nicht um ein Theaterstück; Klingers Drama »Sturm und Drang« wurde auf Vorschlag von Christoph Kaufmann so benannt, nicht »von einem Theaterdirektor«; und das Zitat von Lichtenberg lautet richtig:
Er las immer Agamemnon statt »angenommen«, so sehr hatte er den Homer gelesen.
Und nicht, wie Rosendorfer schreibt: »Er las versehentlich immer Agamemnon statt Angenommen, so gebildet war er.« All das findet sich auf nur einer Seite, und der Autor hätte es nachschlagen oder dem Lektor auffallen müssen. Ganz zu schweigen von dem Trauerspiel der Darstellung der deutschen Philosophie der Zeit, der fraglos peinlichsten und dümmsten Passage der Deutschen Geschichte, wenn nicht in Rosendorfers Gesamtwerk überhaupt. Der Leser, der sich sein Bild ungeschmälert erhalten will, sollte das erste Kapitel komplett überschlagen, und die Lektüre mit dem zweiten beginnen.
Die eigentlich historische Darstellung ist getragen von einer in den vorangegangenen Bänden seltenen Bewunderung für wenigsten einen der historischen Protagonisten, Friedrich II. Auch Maria Theresia und Katharina die Große bekommen ihr Teil Lob zugeteilt, aber Rosendorfers Held der Zeit ist eindeutig Friedrich. Rosendorfers Haltung zu Napoleon, der naturgemäß im letzten Drittel des Buches eine bedeutende Rolle spielt, kann als durchaus neutral bezeichnet werden, auch wenn die Erzählung mit der Gründung des Rheinbundes und der Aufhebung des Deutschen Reichs endet. Sicherlich wünschte man sich hier eine ausführlichere Weiterführung der Erzählungen bis zu den Folgen des Wiener Kongresses, aber angesichts der Tatsache, dass es sich bei diesem Band ohnehin schon um den umfangreichsten der Reihe handelt, kann man die Beschränkung verstehen.
Es ist zu bedauern, dass die Serie mit diesem Band endet, denn trotz der hier und früher erhobenen Einwände handelt es sich bei Rosendorfers Deutscher Geschichte um ein Projekt, das in Umfang und Stil in der deutschen Literatur seinesgleichen sucht. Selbstverständlich ist diese Deutsche Geschichte in keinem Sinne vollständig und kann nicht für sich stehen, aber sie bietet dem historischen Laien einen wirklich originellen und spannenden Einstieg und Überblick.
Herbert Rosendorfer: Deutsche Geschichte. Ein Versuch. Friedrich der Große, Maria Theresia und das Ende des Alten Reichs. München: Nymphenburger, 2010. Pappband, 383 Seiten. 22,95 €.