Historischer Roman, der sich um James Cooks dritte Weltumsegelung dreht, auf der Cook bekanntlich auf Hawaii ums Leben gekommen ist. Der Protagonist des Romans ist der Expeditionsmaler John Webber, dessen Leben uns von der Kindheit bis zum frühen Tod erzählt wird. Die Erzählperspektive wechselt zwischen einem perspektivischen und einem journalartigen Ich-Erzählen, wobei die Entscheidungen, was aus welcher Perspektive erzählt wird, nicht immer ganz einleuchten. Außerdem werden in der Hauptsache zwei Zeitebenen im Wechsel erzählt: zum einen die Jahre der Reise, zum anderen der etwa Zeitraum bis zur Fertigstellung des offiziellen Expeditionsberichtes. Gerahmt wird diese Erzählstruktur durch zwei Besuche Webbers bei der Witwe Cooks; beim ersten Besuch übergibt er ihr ein Portrait des Toten, beim zweiten den soeben fertiggestellten Expeditionsbericht.
Dieser aufwendigen Erzählstruktur entspricht auf der motivischen und sprachlichen Ebene leider eher wenig. Der Roman ist, was die Beschreibung der Seereise angeht, über weite Strecken unoriginell; auch das Figurenensemble bleibt eher blass. Sprachlich ist das Buch gute Mittelware, wenn es auch an einzelnen Stellen an die Grenze zum Kitsch gerät:
3. August 1778. Mein Freund, William Anderson, ist tot. Ich grabe es mit der Feder ins Papier: Er ist tot! Es ist ein lautloser Schrei in mir und zerreißt beinahe meine Brust: Er ist tot! Warum muss das sein? Warum gerade jetzt? Ach, es sind die üblichen Fragen, nachdem man einen schweren Verlust erlitten hat, sie nützen nichts, sie mildern nichts.
Wer historische oder Segler-Romane schätzt, wird wohl auf seine Kosten kommen; wen Cook interessiert, sollte die Zeit besser auf eine Biografie verwenden.
Lukas Hartmann: Bis ans Ende der Meere. detebe 24024. Zürich: Diogenes, 2010. 491 Seiten. 11,90 €.
Ich hatte schon mal geliebäugelt. Nu, laß ich also die Finger davon 😉
Lukas Hartmann hat am Freitag, 12. November 2010 für den Roman von der Autorengruppe Quo Vadis den Sir Walter Scott-Literaturpreis in Karlsruhe erhalten.