Im Oktober 2006 stellte der Eichborn Verlag für die wohl bekannteste anspruchsvolle Buchreihe auf dem deutschen Buchmarkt, die »Andere Bibliothek« zwei neue Herausgeber vor: Michael Naumann und Klaus Harpprecht. Wie Spiegel online berichtet, hat der Verlag nach nur drei Jahren diese beiden Herausgeber wieder entlassen:
„Der Eichborn-Verlag hat sich entschieden, mit modernen Marketing- Methoden nach einer neuen Zielgruppe für die Andere Bibliothek zu suchen“, sagte Naumann am Donnerstag. „Sowohl Klaus Harpprecht als auch ich sind der Meinung, dass Zielgruppen-Ideologie jeglicher Art, ob gruppen- oder altersspezifisch, mit dem Charakter dieser Buchreihe nichts zu tun hat. Wir bedauern die Entscheidung des Verlags und wünschen dieser wunderbaren Buchreihe eine Zukunft, die ihrer Tradition entspricht.“
Nun ist die »Andere Bibliothek« der Inbegriff einer Zielgruppen-orientierten Buchreihe gewesen, und man kann begreifen, dass der Verlag zwei Herausgeber der Reihe entlässt, die gerade dieses Konzept nicht verstehen. Andererseits haben wir ja bereits damals, als die Reihe ihren Gründer Hans Magnus Enzensberger verlor, festgestellt, dass auch der Eichborn Verlag lange schon jeglichen Kontakt mit der ursprünglichen Zielgruppe der Reihe verloren hatte, nämlich mit den Buchliebhabern, die rare Texte in solider handwerklicher Ausstattung wollten, statt mit der üblichen Massenware der Papierindustrie abgespeist zu werden. Dieses Profil ist der »Andere Bibliothek« inzwischen aber komplett abhanden gekommen.
Nun soll es ein dem breiten Publikum eher unbekannter Macher richten:
Der Eichborn Verlag teilte mit, neuer Programmleiter der Anderen Bibliothek werde ab 1. Januar 2011 Christian Döring. Der frühere Suhrkamp-Lektor mit Hang zum schillernden Auftritt gilt als eine der markanten Gestalten der deutschen Buchbranche.
Wohlgemerkt, er gilt als markante Gestalt; Enzensberger war eine markante Gestalt. – Sic transit gloria mundi.