Es war ein schwerer Fehler gewesen, dem Lockruf des alten Intendanten zu folgen und nach Wunsiedel zu fahren, eine fatale Dummheit, die aber nun nicht mehr rückgängig zu machen war.
Wunsiedel ist der Ort, an dem Jean Paul und der Mörder Carl Sand geboren wurden und Rudolf Heß begraben lag. Es ist auch der Ort, an den der ehemalige Schauspieler Moritz Schoppe nach 44 Jahren zurückkehrt. 1964 hatte er in Wunsiedel bei den Luisenburg-Festspielen seine Karriere als Schauspieler begonnen, es aber nur schlecht ertragen, dort nicht die intellektuell herausragende Position zugewiesen zu bekommen, derer er sich würdig dünkt. Inzwischen ist er Schriftsteller geworden, eine Profession, die es ihm erlaubt, ausgiebig auf die alten Kollegen und deren Geistesferne zu schimpfen. Dass er dies im Ton Thomas Bernhards versucht, soll wohl der Sache eine ironische Distanz verleihen, tut es aber nicht, sondern bleibt nur eine der Stilübungen, von denen der Roman voll ist.
Neben der Enttäuschung des jungen Schauspielers, nicht unmittelbar als Genie erkannt zu werden, plagt ihn das Heimweh – er vermisst besonders seine ihn allein erzogen habende Mutter – und er wird von seiner Freundin Ulla, einer Neurotikerin aus reichem Elternhaus, per Briefpost verlassen. Während der Erzähler einerseits behauptet, darüber verzweifelt zu sein, unternimmt er andererseits mit einem Kollegen Ausflüge zu den Sehenswürdigkeiten der Gegend. Gegen Ende verliert der Roman dann auch noch an formaler Geschlossenheit und der Erzähler erzählt noch rasch ein paar Träume und was ihm sonst noch so einfällt.
Ganz nett sind die Naturbeschreibungen. An einer Stelle gerät der Autor sogar in Versuchung, einen romantischen Geist auftreten zu lassen, aber er traut sich oder auch dem Leser dann doch nicht und plaudert alles aufs Platteste aus. Kein wirklich schlechtes Buch, aber eben auch nicht gelungen. Es wirkt wie ein Produkt aus einer Creative-Writing-Klasse: Der Autor hat gut aufgepasst und weiß nun wie es geht; er hat viel recherchiert und sich einen spannungsreichen Charakter ausgedacht; er schreibt, was er erlebt hat, und mit einer biegsamen Feder und vermag zahlreiche Töne zu treffen, und dennoch fühlt man Absicht und man ist verstimmt.
Michael Buselmeier: Wunsiedel. Theaterroman. Heidelberg: Wunderhorn, 2011. Bedruckter Pappband, Fadenheftung, 159 Seiten. 18,90 €.
begraben lag
Ach, schau an, das hatte ich gar nicht mitbekommen. Ist korrigiert. Danke!
Muß der Kerl, der Held, ausgerechnet auch noch Schoppe heißen? Armer Jean Paul!
Außerdem „Jean Paul“, nicht „Jaun“.
Danke! Ist auch korrigiert.