Manchmal geschehen doch noch kleine Wunder auf dem Buchmarkt. Gottlieb Wilhelm Rabener (1714–1771) ist ein beinahe vollkommen vergessener Satiriker des 18. Jahrhunderts. In seiner Zeit war er viel gelesen und so erfolgreich, dass er sich über zahlreiche Raubdrucke seiner Satire-Anthologien beschweren konnte. Zu Lebzeiten erschienen vier Bände mit seinen Satiren, die wohl von annähernd jedem Gebildeten gelesen worden sind.
Doch Rabeners Nachruhm hatte recht enge Grenzen. Schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren die meisten seiner Texte den meisten Lesern nicht mehr ohne Kommentar zugänglich. Das liegt zum einen daran, dass Satiren nahezu immer sehr stark an zeitgeschichtlichen Ereignissen orientiert sind, zum anderen aber auch daran, dass Rabener unter sehr spezifischen Zensurbedingungen geschrieben hat und, wie jeder kritische Autor unter solchen Bedingungen, seine Satiren entsprechend angepasst hat und von seinen Lesern erwarten durfte, dass sie in der Lage waren, diese Bedingtheit seines Schreibens beim Lesen nachzuvollziehen. Es leuchtet unmittelbar ein, dass sich mit wachsendem zeitlichen Abstand die Lektüre Rabeners nicht vereinfacht hat.
Von daher ist es sehr verwunderlich, dass sich nicht nur jemand genug für Rabener interessiert hat, um in alten Drucken, Bibliotheken und Archiven alle verfügbaren Briefe von und an ihn und Aufzeichnungen von Gesprächen mit ihm aufzusuchen und zu sammeln, sondern dass er tatsächlich auch noch einen Verleger gefunden hat, der dieses abseitige Material in einer schönen und kommentierten Ausgabe für einen akzeptablen Preis auf den Markt bringt. Ich kann den Kauf und die Lektüre hier nicht wirklich allgemein empfehlen, möchte aber doch das Erscheinen und meine Freude darüber hier anzeigen.
Gottlieb Wilhelm Rabener: Briefwechsel und Gespräche. 2 Bände (Text und Kommentar). Hg. v. E. Theodor Voss u. Jan Müller. Göttingen: Wallstein, 2012. Leinen, Fadenheftung, Lesebändchen, 647 und 352 Seiten. 69,00 €.
Ach, schöön! Und natürlich wieder mal im Wallstein-Verlag erschienen. Ich hätte es mir denken können.