Sollte ich weggehen? Sie in Frieden lassen? Sollte ich mit meinen Fragen nur mich selbst behelligen?
Handelt es sich bei dieser mehr als 180 Seiten langen Ansammlung unzusammenhängender Fragen tatsächlich um einen Roman? Ist ein Roman nicht ein Werk der erzählenden Literatur? Wäre es nicht besser gewesen, die Übersetzung des Originaltitels »The Interrogative Mood. A Novel?« zu benutzen? Ist ein Konzept, das auf zehn, vielleicht auch auf zwanzig Seiten witzig ist, auf mehr als 180 Seiten nicht nur noch eine Frage der Ausdauer oder eine Manie? Warum mit 180 Seiten aufhören? Sind dem Autor die Fragen ausgegangen, oder hat ein Controller des Verlages das Buch auf die am Markt am besten zu platzierenden Länge zusammengekürzt?
Glauben Autor, Übersetzer und Verlag tatsächlich, dass das witzig ist? Schätzen Sie den Humor von Harry Rowohlt? Glauben Sie nicht auch, dass sich seine Wortspielchen beliebig reproduzieren lassen und seine Gedankenströme eher seichter Natur sind? Ist seine Selbst-Identifikation mit Winnie-the-Pooh nicht vielleicht nur ironisch gemeint? Könnte es sein, dass gerade Sie deshalb dieses Buch schätzen würden, während ich es nach zwanzig Seiten gähnend langweilig fand? Braucht man tatsächlich irgend wofür ein »kindliches Gemüt«? Und besitzt man eines, wenn man es ständig vor sich her trägt? Sollte man als Leser seine wenige und wertvolle Lesezeit nicht besser auf etwas weniger Beliebiges verwenden?
Heißt der Autor des Buches Padgett Powell? Lautet sein Titel »Roman in Fragen«? Wurde es von Harry Rowohlt aus dem amerikanischen Englisch ins Deutsche übersetzt? Ist es im Jahr 2012 in Berlin im Berlin Verlag erschienen? Handelt es sich um einen Pappband mit Lesebändchen und 191 Seiten? Kostet es 17,90 €?
(Wurde diese Besprechung für
Literaturwelt geschrieben?)
Hmm, mich persönlich hat dieser Roman(?) schon in seinen Bann gezogen, und zwar bis ganz zum Schluss. Klar, das Konzept ist ganz witzig, aber darum geht’s ja nicht nur. Das Buch bringt einen definitiv dazu, über sich selbst nachzudenken, und irgendwo ergibt das gespannte Netz aus Fragen am Ende auch so etwas wie einen Sinn, man erfährt sogar etwas darüber, wer da fragt (und ahnt, weshalb er das tut). Jedenfalls kein Buch, das einem seinen Inhalt auf dem Silbertablett serviert, vielmehr ergibt sich für jeden selbst ein „Ergebnis“ nach der Lektüre.