Ich habe mitunter schon von sogenannter schädlicher Lektüre reden hören, wie z. B. von berüchtigten Schauerromanen. Auf dieses Kapitel näher einzugehen möchten wir uns verbieten, aber so viel können wir sagen: das schlechteste Buch ist nicht so schlecht wie die völlige Gleichgültigkeit, die überhaupt nie ein Buch zur Hand nimmt. Das Schundbuch ist lange nicht so gefährlich, wie man vielleicht meint, und das sogenannte wirklich gute Buch ist unter Umständen durchaus nicht so gefahrlos, als man allgemein annehmen möchte. Geistige Dinge sind nie so harmlos wie etwa Schokoladeessen oder wie der Genuß eines Apfelkuchens. Grundsätzlich muß eben der Leser nur immer das Lesen vom Leben säuberlich zu trennen wissen.
Robert Walser
Lesen
Das, was du schreibst, würde ich jederzeit unterschreiben. Ich z.B. habe als Teenie sämtliche Horror-Heftromane (Dämonenkiller, John Sinclair etc.) gelesen, die der Markt hergab. Im Gegensatz zu meinen Mitschülern habe ich gelesen. Mein Deutschlehrer war jedoch einer vom Schlag „Meister der Hetzkampagne“, der mit allem verfügbaren Fanatismus dieses schändliche Treiben unterbinden wollte. Auch mal gern vor der ganzen Klasse (das Wort „Mobbing“ war noch nicht erfunden).
Fakt ist, dass er sich seine Mühen hätte sparen können, denn irgendwann habe ich selbst gemerkt, dass es Besseres gibt als Heftromane. Letztendlich zählt doch nur, dass man liest. Deshalb halte ich auch Autoren wie J. K. Rowling und Stephen King für sehr wichtig, denn sie führen gerade die Jugend an das Medium Buch heran, womit schon viel gewonnen ist. Denn, kaum ein Jugendlicher wird mit James Joyce oder Virginia Woolf das Lesen beginnen.
Und, was ist das Ergebnis meines Deutschlehrer-Traumas? Ich schreibe ein Literatur-Blog, und mein Deutschlehrer liegt vergessen unter’m Torf.
Ich erinnere mich an einen launigen Spruch Reich-Ranickis: Tucholskys Schloss Gripsholm sei auch deshalb wichtig, weil es Menschen von Ganghofers Schloss Hubertus zu Kafkas Schloss führe …