Der Papiersäufer sieht wie ein Kasten aus, der sich nie geöffnet hat, um nichts zu verlieren. Er scheut sich, von seinen sieben Doktoraten zu sprechen und erwähnt nur drei, es wäre ein leichtes für ihn, jedes Jahr einen neuen Doktor zu erwerben. Er ist freundlich und spricht gern, um sprechen zu können, läßt er auch andere zu Wort kommen. Wenn er sagt: ›Das weiß ich nicht‹, ist ein detaillierter und wissender Vortrag von ihm zu erwarten. Er ist rasch, weil er immer nach neuen Leuten sucht, die ihn anhören. Keinen, der ihn angehört hat, vergißt er, die Welt für ihn besteht aus Büchern und Hörern. Das Schweigen anderer weiß er wohl zu schätzen, er selbst schweigt nur kurz, bevor er zu einem Vortrag ansetzt. Eigentlich will niemand etwas von ihm lernen, weil er auch so viel anderes weiß. Er verbreitet Unglauben, nicht etwa, weil er sich nie wiederholen würde, aber er wiederholt sich nie bei ein und demselben Hörer. Er wäre kurzweilig, wenn es nicht immer etwas anderes wäre. Er ist gerecht gegen sein Wissen, alles zählt, man gäbe viel drum, auf etwas bei ihm zu stoßen, das mehr zählt als etwas anderes. Er entschuldigt sich für die Zeit, in der er wie gewöhnliche Leute schläft.
Elias Canetti
Der Ohrenzeuge