Nach der angenehmen Lektüre von Festland war ich auf einen weiteren Text von Markus Werner gespannt. Am Hang, mit dem Werner ja immerhin einen Bestseller gelandet hatte, konnte allerdings die hohen Erwartungen nicht erfüllen. Erzählt wird von einem Pfingstwochenende im Tessin, an dem sich der Scheidungsanwalt Thomas Clarin und der Studienrat Thomas Loos kennenlernen. Clarin ist in sein Ferienhaus gekommen, um einen Artikel über die historische Entwicklung des Scheidungsrechts zu schreiben, Loss wohnt in einem Hotel im nächsten Ort und trauert angeblich um seine vor einem Jahr in einer nahe gelegenen Klinik verunglückte Frau.
Die Konfrontation der beiden Männer selbst ist der geglückte Teil dieser Erzählung. Clarin, nicht nur aus beruflichen Gründen ein zynischer Kritiker der Institution der Ehe, sondern auch ein Don Juan, der keine Gelegenheit ungenutzt vorübergehen lässt, stößt in Loos auf einen kontaktscheuen Einzelgänger, der um seine verstorbenen Frau eine Art von Götzenkult betreibt. Die Gespräche der beiden vermeiden es zu moralisieren und sind eine nette Variation des Don-Juan/Faust-Themas. Sie sind allemal intelligenter und lesenswerter als der Versuch von Robert Menasse zu diesem Stoff.
Recht übel ist allerdings die Rahmenerzählung, die Werner glaubt, konstruieren zu müssen: Natürlich erweist es sich, dass die beiden Männer nicht nur zufällig miteinander verkettet sind. Als Clarin dies klar wird, schleicht sich leider auch die Moral in den Text ein: Clarin steht am Ende als ein Täter da, der mit einer seiner Affären großes Unglück über zwei Menschen gebracht hat. Damit verdirbt der Autor leider die schwebende Position, die der Stoff im Gespräch der beiden Männer angenommen hatte, und reduziert das Gedankenspiel auf die plumpen Ereignisse eines – noch dazu grob erfundenen – konkreten Falls. Leider ist diese Konsequenz aber vollständig beliebig und ihre Konstruktion gänzlich unglaubwürdig.
Ich rate dringend dazu, die Lektüre des dritten Teils der Erzählung zu unterlassen.
Markus Werner: Am Hang. Fischer Taschenbuch 16467. Frankfurt/M.: Fischer, 102009. 190 Seiten. 7,95 €.
Hier völlige Zustimmung. Seine besten Romane sind alle anderen, außer „Ägyptischer Heinrich“.