Ein Buch von einer so guten Laune, dass man sich gleich übergeben möchte. Matussek ist ein unerträglicher Aufschneider, der lauter tolle Leute kennt, die auch wie er der Meinung sind, dass es aufwärts und vorwärts und überhaupt am besten und schönsten deutschwärts geht. Endlich ist der Deutsche wieder stolz, und das mit gutem Recht. Denn Beethoven und Goethe, Heine und Thomas Mann, damit kann man sich doch sehen lassen, oder? Dass der eine nach Wien gegangen ist, der andere nur in Rom erfahren konnte, was Glück ist, dass der dritte nach Paris fliehen musste, weil man ihn in Deutschland als Autor in den Kerker geworfen hätte und der vierte nach der Flucht vor den Nationalsozialisten dann doch lieber in der Schweiz geblieben ist, muss man ja nicht allzu sehr betonen.
Dass Matussek sich dem Leser als Nachfolger, wenn nicht gar als letzter legitimer Erbe Heines präsentiert und das in einem Kapitel, das nur so von Fehlern wimmelt, von halb Gewusstem und schlecht Erinnertem, das ist die eine Sache. Dass sich die Herrschaften des deutschen Feuilletons nicht entblöden, ihm das nachzuquatschen, ist die andere. Es ist sehr, sehr schade, dass uns heutzutage ein Karl Kraus fehlt, der eine aufgepumpte Schweinsblase wie Herrn Matussek einmal öffentlich zum Platzen bringen könnte.
Für die Engländer ist Nation etwas so Selbstverständliches, dass die »Encyclopaedia Britannica« dem Begriff »Nation« keine einzige Zeile widmet […].
Erstens ist die EB ein US-amerikanisches Lexikon, zweitens weiß jeder, der mit der EB umgehen kann, dass man in den Index schauen muss, um feststellen zu können, ob über irgend etwas tatsächlich keine Zeile in der EB steht. Und natürlich steht mehr als eine Zeile über den Begriff »Nation« in der EB, nur eben nicht an der Stelle, wo Herr Matussek nachgeschaut hat; falls er nachgeschaut hat. Und so ist das ganze Buch; nun, wenigstens die erste Hälfte, denn darüber hinaus habe ich mir diesen Schwachsinn nicht angetan. Das Übrige ist aber sicher ganz toll!
Matthias Matussek: Wir Deutschen. Warum uns die anderen gern haben können. Fischer Taschenbuch 17151. Frankfurt/M.: Fischer Taschenbuch Verlag, 22009. 352 unerträgliche Seiten. 9,95 €.
Hört sich an, als ob unser ehemaliger Verteidigungsminister ein Buch verfasst hätte.
Na ja, geschätzter Bonaventura, gegen das Buch (und seinen Autor) lässt sich eine Menge sagen, und „ist aber witzig geschrieben“ mag ein schwaches Gegenargument sein, dennoch: Selten so gelacht wie bei Matussek. Vielleicht ist mein Humor einfach schlichter gestrickt als der ihrer… Im Kern urteilen wir vielleicht gar nicht so verschieden, kommen aber zu unterschiedlichen Ergebnissen: http://www.platte11.de/blog/matthias-matussek-wir-deutschen-warum-die-anderen-uns-gern-haben-koennen.
Mich hat Matussek gut unterhalten, er hat mir zu denken gegeben und meinen Widerspruch herausgefordert – mehr erwarte ich gar nicht von einem Buch.
Penetrante und besserwisserische Dummheit ist nicht witzig.