Fabcaro / Didier Conrad: Die weiße Iris

Pünktlich nach zwei Jahren legt die holzverarbeitende Industrie den nächsten Asterix-Band vor, mit einem neuen Texter – über den Grund des Wechsels habe ich nichts finden können, ich habe allerdings auch nicht sehr gesucht –, aber ansonsten entlang der altbewährten Linien: Ein wenig „Streit um Asterix“, ein wenig „Die Lorbeeren des Cäsar“ gewürzt mit Anspielungen auf „Asterix und der Kupferkessel“ und „Das Geschenk des Cäsar“ und fertig ist die Laube. Da kann man sich sogar augenzwinkernd über seine eigene Einfallslosigkeit lustig machen.

Wer so etwas mag, der wird wohl ganz gut bedient: Die Fabel zerfällt in zwei Teile. Im ersten versucht ein intriganter esoterischer Schwätzer, genannt die weiße Iris (im Französischen ist die Iris grammatikalisch maskulin, aber das ist natürlich nicht zu retten), das gallische Dorf mit Geschwätz sturmreif zu machen, indem er einerseits die Gallier in harmoniebedürftige Gutmenschen, im Gegenzug die römischen Legionäre im Lager Babaorum in stets positiv denkende Kampfmaschinen verwandelt. Wie beides mit derselben rhetorischen Strategie gelingen kann, bleibt das Geheimnis des Autors; dies könnte allerdings auch der einzige wirklich subversive Gedanke des Bandes sein; aber das hieße wahrscheinlich doch, dem Autor zu viel zuzutrauen. Natürlich widerstehen Asterix und Miraculix dem Einflüsterer, während Obelix schlicht zu einfältig ist, um auf ihn hereinzufallen. Sowohl der Autor als auch sein Intrigant bemerken bald, dass diese Strategie nirgends hinführt, weshalb die beiden beschließen, Gutemine, die Frau des Häuptlings Majestix zu entführen und Cäsar als Geisel zu übergeben.

Dies bildet den zweiten Teil der Fabel, der mit dem ersten kaum verbunden ist. Merkwürdigerweise wird diese Entführung Gutemine gegenüber als Reise nach Lutetia (Paris) ausgegeben (gereist wird im Thalix, einem der wenigen hübschen Einfälle des Bandes!), da Cäsar sich dort bald einfinden soll. Asterix, Obelix und Majestix folgen der Entführten; unterwegs ergibt sich ausführlich Gelegenheit, immer erneut ein und denselben Witz zu machen. In Lutetia besucht Gutemine ihren Bruder Homöopater, man macht sich ein wenig über das Kulturleben und die Möchtegern-Intellektuellen der Hauptstadt lustig und trifft sich schließlich zum Showdown im Theater, wo das Stück „Warten auf Godos“ gegeben wird, in dem zu meiner nicht zu überbietenden Überraschung die Sätze „Huch, meine Frau! Ab in den Schrank!“ fallen. Auch Cäsar erscheint dort als Deus ex calamo und vereitelt die ohnehin eher schlecht motivierte Intrige. Alles wird gut.

Der Band ist ein Beleg mehr dafür, dass die Reihe ihren Produzenten inzwischen vollständig gleichgültig geworden ist. Es handelt sich nurmehr um ein seriell produziertes Produkt, das mit dem Geist und Witz seiner ursprünglichen Erfindung überhaupt nichts mehr verbindet. Die Handlung ist schlecht konstruiert, die Satire ist extrem flach, die Zitate der alten Bände sind nichts weiter als das und am Ende sind einmal mehr 48 Seiten gefüllt. Die Verkaufszahlen und der erfolgreiche Medien-Hype scheinen dem Konzept Recht zu geben. Wir leben in einer Kultur der Hülsen; aber auch dieser Gedanke ist nicht mehr gänzlich frisch.

Fabcaro / Didier Conrad: Die weiße Iris. Asterix Bd. 40. Berlin: Egmont Ehapa, 2023. Bedruckter Pappband, 48 Seiten (28,8 × 22,4 cm). 13,50 €.

Jean-Yves Ferri / Didier Conrad: Asterix und der Greif

Und wieder einmal ein nur eher mäßig gelungener Asterix-Band. Nach bewährtem Muster werden kleine Episoden aneinandergeklebt bis eben die 48 Seiten wieder einmal voll sind. Diesmal ist das Reiseziel die unendliche Weite Russlands (lateinisch: Barbaricum) und das napoleonische Heer ein römisches Expeditionsheer wurde von Cäsar ausgesandt, um den legendären Greif zu fangen und nach Rom in den Zirkus zu schleifen. Nun fragt man sich zu Recht, was denn das die Gallier angeht, und so muss der lokale sarmatische Schamane Terrine einen Traum haben, der ihm mitteilt, Rettung (wovor, wird an keiner Stelle geklärt) könne nur von den Galliern kommen, was ihn (den Schamanen, nicht den Traum) veranlasst, per Traumtelegramm seinen alten Kumpel Miraculix herbeizurufen, der natürlich in Begleitung von Asterix und Obelix kommt. Damit hat er auch schon seine Schuldigkeit getan. Am Ende erfindet er noch den Borschtsch, damit er überhaupt irgendetwas zu tun hat, während Asterix und Obelix eine Armee sarmatischer Amazonen davon abhalten, die Geschichte zu früh zu beenden.

Die Geschichte besteht hauptsächlich aus retardieren Elementen und stellt eine Art von Comic-Adaption des militärhistorischen Teils von Krieg und Frieden dar. Einige Details sind ganz witzig (skythische Scouts (vielleicht ist das Wortspiel auf Französisch lustiger), die eine Art von Reiseführersprache sprechen; die römische Legion, die von Aber- und Verschwörungsglauben jeglicher Art geplagt wird (dass der Haupt-Verschwörungstheoretiker buchstäblich grün ist, fand ich nun eher unwitzig); Idefix, der sich nebenbei zum Anführer eines Wolfsrudels mausert und sicherlich noch dies und das), aber insgesamt ist es eine eher langatmige, schlecht erfundene Geschichte, die mehr eine Ausrede für einen neuen Asterix-Band bildet, als dass sie wirklich für sich selbst stehen könnte.

Nun gut, in zwei Jahren kommt der nächste Band.

Jean-Yves Ferri / Didier Conrad: Asterix und der Greif. Asterix Bd. 39. Berlin: Egmont Ehapa, 2021. Bedruckter Pappband, 48 Seiten (28,8 × 22,4 cm). 12,– €.

Jean-Yves Ferri / Didier Conrad: Die Tochter des Vercingetorix

Asterix lebt! Mit diesem Band beweist das neue Autorenteam und auch der deutsche Übersetzer Klaus Jöken, dass sie durchaus in der Lage sind, an alte Höhen anzuknüpfen. Der Band hat nicht nur eine akzeptable Geschichte zu erzählen, sondern auch die Wortspiele und Anspielungen funktionieren diesmal und das übergeordnete Thema der Jugendkultur ist einigermaßen überzeugend durchgehalten, wenn auch hier sicherlich die Einschränkung zu machen ist, dass es sich einmal mehr um eine Jugendkultur handelt, wie sie sich jene vorstellen, die an ihr nicht teilhaben.

Die Geschichte knüpft sehr locker an den Vorläufer Asterix und der Avernerschild an und vermeidet zugleich, Asterix und die Normannen zu kopieren: Adrenaline, die Tochter des Häuptlings Vercingetorix, der bei Alesia vor Cäsar kapitulieren musste und als Gefangener nach Rom geführt wurde, wird von den Römern verfolgt, da sie im Besitz des Wendelrings ihres Vaters ist; mit diesem Symbol väterlicher Macht könnte das Mädchen zum Kristallisationspunkt eines neue gallischen Aufstands werden. Um das Mädchen vor den Römern zu schützen, wird sie in das berühmte kleine gallische Dorf gebracht, wo selbstverständlich Asterix und Obelix mit ihrer Bewachung beauftragt werden. Ebenso selbstverständlich kann Adrenaline entkommen, läuft den Piraten in die Hände, die wiederum von Asterix und Obelix verfolgt und erreicht werden, als deren Schiff von einer römischen Galeere aufgebracht wird. Nach der unvermeidlichen Schlägerei wird auch diesmal alles gut, und Adrenaline erfüllt den Auftrag ihres Vaters „Widerstand zu leisten und frei zu bleiben“ auf ihre ganz eigene Weise.

Alles in allem nach langer Zeit wieder einmal ein runder Asterix-Band, der weitgehend funktioniert. Wie schon beim letzten Band gesagt: „Wir heißen Euch hoffen“.

Jean-Yves Ferri / Didier Conrad: Die Tochter des Vercingetorix. Asterix Bd. 38. Berlin: Egmont Ehapa, 2019. Bedruckter Pappband, 48 Seiten (28,8 × 22,4 cm). 12,– €.

Jean-Yves Ferri / Didier Conrad: Asterix in Italien

obs/Egmont Ehapa Media GmbH„Naja, so lala“, hätte mein Vater gesagt. Der neue Asterix gehört zu den akzeptablen Stücken; dass er derzeit über den grünen Klee gelobt wird, liegt wohl daran, dass sich die Rezensenten nicht mehr an die wirklich guten Asterix-Abenteuer erinnern können.

Die Fabel ist ebenso dünn wie rasch erzählt: Ein korrupter römischer Politiker, der für den Straßenbau in Italien zuständig ist, erfindet ein internationales Auto Wagenrennen, um vom schlechten Zustand der Straßen abzulenken. Wie das funktionieren soll, bleibt unklar. Cäsar besteht darauf, dass ein römischer Wagen gewinnen muss, koste es, was es wolle. In Obelix erwacht durch eine Reihe schicksalhafter Zufälle der Wille, Wagenlenker zu werden. Die Gallier fahren beim Rennen durch Italien mit. Wer gewinnt, verrate ich nicht!

Insgesamt ist der Band ein zweiter Aufguss aus Tour de France mit dem Internationalismus aus Obelix auf Kreuzfahrt aufgekocht und mit einigen übrig gebliebenen Tourismus-Witzen aus Asterix in Spanien abgeschmeckt. Was den Lesern auffallen darf, ist, dass es sich bei Italien wie bei allen europäischen Staaten um einen Vielvölkerstaat handelt, dessen einzelne Völker ihre nationale Eigenständigkeit zwar aufgegeben, ihre Identität aber nicht vergessen haben. Sollte das ankommen, wäre es einen mittelmäßigen Asterix wert. „Wir heißen Euch hoffen“.

Jean-Yves Ferri / Didier Conrad: Asterix in Italien. Asterix Bd. 37. Berlin: Egmont Ehapa, 2017. Bedruckter Pappband, 47 Seiten (28,8 × 22,4 cm). 12,– €.

 

Jean-Yves Ferri / Didier Conrad: Der Papyrus des Cäsar

Asterix-36Zwei Jahre nach „Asterix bei den Pikten“ legt das neue Texter/Zeichner-Duo Ferri und Conrad ihren zweiten Asterix-Band (den 36. der Reihe nach der offiziellen Zählung) vor. Erfreulich ist, dass sie versuchen, sich der alten Qualitäten der Reihe zu erinnern: Historisches und Aktuelles finden sich in gegenseitiger Bespiegelung und sogar an die ehemals so virtuos beherrschte Kunst des Wortspiels („Ich bin, mein lieber Freund, sehr glücklich Euch zu sehen.“ „Das ist ein Alexandriner.“) nähert man sich wieder an, wenn auch hier noch viel Platz nach oben bleibt.

Kern der Geschichte ist, dass Cäsar seinen „Gallischen Krieg“ erscheinen lässt, ihm sein Verleger aber davon abrät, die Niederlage gegen die unbeugsamen Gallier zu erwähnen. Es sollen daher alle bereits erstellten Exemplare, die das entsprechende Kapitel enthalten, zerstört werden; über die ohnehin stummen Schreiber, die das Buch zu vervielfältigen haben, macht man sich weniger Sorgen. Doch einer dieser Schreiber schmuggelt ein vollständiges Exemplar von Cäsars Buch(rolle) aus der Villa des Verlegers und spielt sie einem gallischen Kolporteur zu, der mit dem Buch zu den Unbeugsamen flieht, damit die wahre Geschichte des Gallischen Krieges nicht verloren geht. Der Rest der Geschichte ist mehr oder minder gut angestückelt, aber da wir in den letzten Bänden ohnehin nicht sehr gut bedient wurden, ist man schon ganz zufrieden. Ausgehen tut es wie immer: Am Ende wird ein Fest im Dorf gefeiert mit ganz viel Wildschwein, nur diesmal mit einem schnarchenden Druiden statt einem gefesselten Barden.

Natürlich bietet die Geschichte zahlreiche Gelegenheiten, sich über die schöne, neue Kommunikationswelt lustig zu machen: Es finden sich zahlreiche Netz-Witze, und die Brieftaube ist gerade bei der Armee als ultramodernes und hyperschnelles Kommunikationsmedium eingeführt. So richtig auf den Punkt ist das alles nicht, aber es ist sehr viel besser als Außerirdische im Kakerlakenkostüm.

Mit diesem Band hat Asterix wieder den richtigen Weg eingeschlagen. Ob man an die goldenen Zeiten dieses Comics noch einmal wird anknüpfen können, bleibt weiterhin ungewiss.

Jean-Yves Ferri / Didier Conrad: Der Papyrus des Cäsar. Asterix Bd. 36. Berlin: Egmont Ehapa, 2015. Bedruckter Pappband, 48 Seiten (28,8 × 22,4 cm). 12,– €.

Jean-Yves Ferri / Didier Conrad: Asterix bei den Pikten

Asterix-bei-den-PiktenSpätestens seit der Aufnahme von „Asterix“ in die erste Auflage von „Kindlers Literatur Lexikon“ (1965 ff., nur echt ohne Bindestrich!) gehören die Geschichten um den kleinen Gallier und seinen vollschlanken Freund auch in Deutschland in den Kanon der Weltliteratur. Dies ist unbestreitbar ein Verdienst René Goscinnys gewesen, der mit „Asterix“ einen der wenigen Comics geschaffen hat, der in allen Altersgruppen und Leserschichten Freunde gefunden hat. Wie sehr „Asterix“ von der Originalität und dem Witz Goscinnys gelebt hat, mussten alle seine Leser schmerzlich erfahren, als Albert Uderzo die Reihe nach Goscinnys überraschendem Tod 1977 allein fortsetzte. Es gab zwar immer noch den ein oder anderen Band, der an die früheren erinnerte, wirkliche Höhepunkte aber fehlten, und die Erfolgsgeschichte schien mit dem Band „Gallien in Gefahr“ (2005) ihren absoluten Tief- und Endpunkt erreicht zu haben.

Natürlich ist es nicht einfach, einen solchen jahrzehntelangen Erfolg einfach auf sich beruhen zu lassen und zu akzeptieren, dass gewisse Dinge ihre Zeit haben und nun einmal zu einem Ende kommen, insbesondere wenn der Verdacht besteht, man könne noch Geld aus dem verbliebenen Ruhm schlagen. Da die Ikone Asterix nun einmal existiert, warum sie nicht in die kommerzielle Unsterblichkeit überführen? Gesagt, getan: Einen neuen Zeichner angeworben, der es perfekt versteht, Uderzos Stil zu imitieren, und einen neuen Autor, denn was immer der schreibt, es kann nicht schlimmer sein als das, was Uderzo zuletzt abgeliefert hat. Und mit der richtigen Werbekampagne läuft das auch: Ein weiterer mittelmäßiger Asterix-Band, der sich am bewährten Muster der Reise-Abenteuer entlangwurschtelt, einige der alten ikonographischen Muster aufgreift (Asterix und Obelix schreien sich mehrfach schlecht motiviert an, Majestix kämpft mit Schild-Problemen, Obelix wird rot, wenn ihn eine hübsche, junge Frau umarmt), dafür andere schlicht ignoriert (keine Massenschlägerei mehr im Gallierdorf, stattdessen viel gänzlich beliebiger Tratsch und Klatsch, keine Wildschwein-Jagd (wahrscheinlich nicht mehr politisch korrekt), Idefix bleibt daheim (eine gänzlich unverständliche Entscheidung, die viel Potenzial zu rein illustrativem Humor verschenkt) usw usf.). Das alles ist brav, aber ohne wirklichen Elan, ohne Originalität und ohne Witz.

Nicht einer der schlechtesten Bände, aber auch keiner von den wirklich guten. Ob unter dem neuen Team noch einmal die Höhe von Abenteuern wie „Streit um Asterix“ oder „Asterix auf Korsika“ erreicht werden wird, bleibt abzuwarten. Der Tiefpunkt jedenfalls ist vorerst einmal überwunden. Dauerhaft überleben wird die Reihe nur, falls es ihr gelingt, sich neu zu erfinden; danach sieht es derzeit aber nicht aus.

Jean-Yves Ferri / Didier Conrad: Asterix bei den Pikten. Asterix Bd. 35. Berlin: Egmont Ehapa, 2013. Bedruckter Pappband, 48 Seiten (28,8 × 22,4 cm). 12,– €.