William Goldman: The Princess Bride / Die Brautprinzessin

“Hello,” he said. “My name is Inigo Montoya. You killed my father. Prepare to die.”

Es war die gekürzte Fassung von Zettel’s Traum die mich wieder an dieses nette Buch von William Goldman hat denken lassen. Goldman war einer der gefeierten Drehbuch-Autoren Hollywoods – Butch Cassidy and the Sundance Kid, The Stepford Wives, Marathon Man, All the Presidents Men und und und –, aber auch ein erfolgreicher Romanautor, wobei The Princess Bride erst so richtig Erfolg hatte, nachdem es 1987 verfilmt worden war (14 Jahre nach seiner Veröffentlichung; wobei auch der Film seine Anlaufschwierigkeiten hatte und erst im Video-Verkauf zu dem Klassiker wurde, der er heute – zumindest in den USA – ist). Wer allerdings nur den Film kennt, dem entgeht wenigstens eine wichtige Pointe des Buchs.

Das Buch enthält im Kern eine in einem tief ironischen Grundton verfasste Geschichte von „wahrer Liebe und edlen Abenteuern“, wie der Untertitel sagt, verfasst von dem fiktiven florinesischen Autor S. Morgenstern. Goldman zieht alle Register des Genres von märchenhafter Liebe zwischen der schönsten Frau der Welt, Buttercup, der Tochter einfacher Bauern und dem heldenhaftesten Stallburschen Westley, der sogar den eignen Tod überwindet, um seine Liebe den Klauen des bösen Prinzen Humperdinck zu entreißen. Goldman selbst tritt nur als Herausgeber und Bearbeiter dieses Textes auf, den er selbst, obwohl er sein Initiationserlebnis in Sachen Literatur war, nie gelesen hat. Sein Vater hatte ihm das Buch vorgelesen als Goldman als Kind krank ans Bett gefesselt war und damit überhaupt erst seine Liebe zur Literatur geweckt. Nun feiert Goldmans Sohn Jason seinen zehnten Geburtstag und soll The Princess Bride unbedingt als Geschenk erhalten. Da sich Goldman aber gerade an der Westküste der USA aufhält, kostet es ihn einige Mühe, ein antiquarisches Exemplar des Buches aufzutreiben und rechtzeitig nach Hause liefern zu lassen. Als er einige Tage später heimkehrt, muss er leider feststellen, dass Jason bereits am zweiten Kapitel des geliebten Buches gescheitert ist.

Daraufhin nimmt Goldman das Buch zum ersten Mal selbst in die Hand und stellt fest, dass es ganz und gar nicht seiner Erinnerung entspricht. Zwar ist der Abenteuerroman, den ihm sein Vater vorgelesen hat, durchaus Teil des Textes, doch ist er überlagert vom einem satirischen Roman, der sich kritisch mit Gegenwart und Vergangenheit Florins auseinandersetzt; Goldmans Vater hatte diese Stellen – immerhin etwa 70 % des Originals – beim Vorlesen einfach weggelassen. Aus dieser Einsicht heraus entsteht nun der Gedanke, den Roman auf die “good parts” (die im Deutschen zu den „spannenden Teilen“ werden) zu­sam­men­zu­strei­chen; die unspannenden Teile werden durch resümierende Texte Goldmans eingeholt.

Die deutsche Übersetzung durch Wolfgang Krege ist gut gelungen – wenn mir persönlich Kreges Deutsch auch oft zu lax ist – und trifft den Humor und den Geist des Buches. Sie ist inzwischen sogar ergänzt worden, nachdem Goldman zum 25. Jahrestag des Buches eine erweiterte Ausgabe herausgebracht hat, die zum einen eine zusätzlich Einführung enthält (die in der Hauptsache anekdotisch die lange Entwicklung bis zur Verfilmung nacherzählt) und ein weiteres Kapitel aus Morgensterns angeblicher Fortsetzung des Romans Buttercup’s Baby. Da der Roman ursprünglich ein offenes Ende hatte, reagierte Goldman hier sicherlich auf zahlreiche Proteste seiner Leser darüber, dass er das Buch mit einem Cliffhanger habe enden lassen. Das zusätzliche Kapitel führt das alte offene Ende mit einer ganzen Reihe aussichtsloser Situationen weiter, womit sich der Autor natürlich nur über den potenziell end- und formlosen Charakter des Genres lustig macht.

Alles in allem ein unterhaltsamer, intelligenter und witziger Roman, der sich selbst nicht ernst nimmt und den man gut an einem verregneten Wochenende konsumieren kann. Es ist nicht unbedingt nötig, die erweiterte Fassung zu lesen; auch die ältere deutsche Übersetzung tut es ganz gut. Von einer zweiten Lektüre würde ich jetzt aber abraten: Dafür ist das Buch dann doch nicht gut genug.

The Princess Bride. S. Morgenstern’s Classic Tale of True Love and High Adventure. The “Good Parts” Version abridged by William Goldman. 25th Anniversary Edition. London / New Delhi / New York / Sydney: Bloomsbury, 1998. Kindle-Edition, 2013. 400 Seiten. 5,13 €.

Die Brautprinzessin. S. Morgensterns klassische Erzählung von wahrer Liebe und edlen Abenteuern. Die Ausgabe der „spannenden Teile“. Gekürzt und bearbeitet von William Goldman. Aus dem Amerikanischen von Wolfgang Krege. Stuttgart: Cotta, 1977. Lizenzausgabe: Frankfurt/M.: Büchergilde Gutenberg, 1995. Pappband, 324 Seiten. Nicht mehr lieferbar.

Die Übersetzung der erweiterten Ausgabe ist als Taschenbuch lieferbar.

Amélie Nothomb: Im Namen des Lexikons

Wer sein Kind Tanguy oder Joëlle nennen will, schickt es in eine Welt des Mittelmaßes hinein, versperrt ihm von vornherein den Horizont.

nothomb_lexikonsDiese Erzählung Amélie Nothombs zeigt wieder einmal, dass ihre direkt aus der eigenen Biographie gespeisten Texte (»Liebessabotage« oder »Biographie des Hungers«) deutlich stärker sind als ihre eher fiktionalen. Hier wie dort bleibt sie allerdings ihrem Interesse für bestimmte Motive – Gewalt, gestörtes Verhältnis zum eigenen Körper, Bulimie – treu.

»Im Namen des Lexikons« (im Original »Robert de noms propre«) erzählt die Geschichte der jungen Plectrude, die bereits vor ihrer Geburt zur Halbwaisen wird, als ihre Mutter den Kindsvater erschießt, da sie glaubt, das Kind vor dessen banaler Namenswahl beschützen zu müssen. Nachdem die Mutter dann dafür gesorgt hat, dass Plectrude auf ihren raren Namen getauft wird, erhängt sie sich in ihrer Zelle.

Nach diesem etwas merkwürdig aus Camus’ »Der Fremde« und Jonny Cashs »A Boy named Sue« zusammengestrickten Auftakt wächst Plectrude im Haushalt ihrer Tante zu einem gänzlich außergewöhnlichen Mädchen heran: Hoch intelligent – wenn man dem mit traumwandlerischer Unbewusstheit bestandenen Test glauben darf –, aber an allem außer dem Tanz desinteressiert, verlässt sie die Schule mit knapp dreizehn Jahren und tritt ins Internat der Ballettschule der Pariser Oper ein. Hier ruiniert sie sich durch eine konsequente Fehlernährung ihren Knochenbau und muss, zur maßlosen Enttäuschung ihrer Tante, den Traum aufgeben, Tänzerin zu werden. Als sie schließlich die wahre Geschichte ihrer Herkunft erfährt, identifiziert sie sich mit dem Schicksal ihrer Mutter, lässt sich schwängern, gebiert den Knaben Robert und macht sich auf den Weg, Selbstmord zu verüben. Vom Ende soll nur soviel verraten werden, dass Nothomb versucht, den Text dadurch zu retten, dass sie sich von ihrer eigenen Figur ermorden lässt, um sie dann ratlos vor ihrer Leiche zurückzulassen.

Das Buch ist ganz nett, mehr aber auch nicht. Insbesondere die Passagen der Kritik an der Institution der Ballettschule und des Zerwürfnisses zwischen Plectrude und ihrer Ziehmutter überzeugen nicht – zu viel für eine so kurze Erzählung, der auch durch den abschließenden Schwenk ins Absurde nicht aufgeholfen wird.

Amélie Nothomb: Im Namen des Lexikons. Aus dem Französischen von Wolfgang Krege. detebe 23455. Zürich: Diogenes, 2004. Broschur, 148 Seiten. 7,90 €. (Derzeit anscheinend nicht lieferbar.)