Oft ist der Tod die Pointe im Witz des Lebens.
Dieser eher leichte Unterhaltungsroman mit beinahe tragischem Ausgang entstand unmittelbar im Anschluss an »Die Mutprobe« in der ersten Jahreshälfte 1931. Er hat eine etwas komplexe Entstehungsgeschichte, da er 1936 als erster Roman Nabokovs ins Englische übersetzt wurde. Nabokov war mit der für den britischen Markt erstellten Übersetzung sehr unzufrieden, so dass er sich, als er 1937 eine Anfrage eines US-amerikanischen Verlegers bekam, entschloss, den Text für die nordamerikanische Ausgabe selbst neu zu übersetzen. Er hatte kurz zuvor seinen Roman »Verzweiflung«, der nach »Gelächter im Dunkel« entstanden war, ins Englische übersetzt, wusste also, worauf er sich einließ. Die neue Übersetzung geriet aber – wie das später auch bei der Übersetzung anderer seiner frühen Romane der Fall sein würde – zugleich zu einer gründlichen Überarbeitung. In diesem Fall war die Neugestaltung so weitgehend, dass sich der Herausgeber der deutschen Nabokov-Ausgabe dafür entschieden hat, die deutsche Übersetzung der ursprünglichen Fassung des Romans – »Camera obscura« betitelt – als Variante im Anhang des Buches komplett mitzuliefern. Da ich die spätere Fassung nicht sehr überzeugend fand, habe ich auf die Lektüre der früheren vorerst verzichtet.
Erzählt wird die Geschichte des 30-jährigen Kunsthändlers Albert Albius, der aus seiner ihn langweilenden bürgerlichen Ehe ausbricht, als er sich in das junge Mädchen Margot, eine Schönheit, die als Platzanweiserin in einem Kino arbeitet, verliebt, die in ihm die Chance zu einer Karriere wittert: Entweder Albert ermöglicht ihr, ihren Traum zu verwirklichen, Filmstar zu werden, oder aber er wird sie heiraten. Margot selbst hat eine frühe Leidenschaft für den Karikaturisten Axel Rex hinter sich, der, wie es der Zufall und der Autor wollen, zum entfernten Bekanntenkreis Alberts gehört und so später an passender Stelle aus der Kulisse heraus auftreten kann.
Albert verfällt Margot weitgehend, finanziert ihren ersten Film, der sich allerdings nur verbrennen lässt, um das Schlimmste zu verhindern, und lebt dann eine ganze Weile neben dem Liebespärchen Margot & Axel her, ohne etwas von ihrer intime Verbindung zu bemerken. Diese emotionale und soziale Blindheit genügt dem Autor aber noch nicht: Als Albert dem Paar endlich auf die Schliche gekommen zu sein scheint, verwickelt ihn Nabokov in einen Autounfall, der ihn auch noch leiblich erblinden lässt, was für einen Kunsthändler und gehörnten Liebhaber vergleichbar ungünstig ist. Margot & Axel treiben ihr Spiel noch eine Weile mit dem Blinden, den sie systematisch finanziell ausnehmen, bis ein weiterer Zufall auch dies auffliegen lässt. Als Abschluss konstruiert Nabokov noch ein tragikomisches Ende, in dem Albert versucht, Margot aus Rache zu erschießen, aber natürlich selbst Opfer der gewissenlosen Megäre wird.
Der Roman ist motivisch nett gestrickt, aber alle Figuren sind denkbar flach und schematisch und selbst dort, wo es Gelegenheit gäbe, ihnen ein wenig Tiefe und Spannung zu verleihen – etwa als Alberts Tochter stirbt –, geht sie vorüber, ohne dass sich etwas Wesentliches ereignet. Die Handlung ist sehr vorhersehbar; alles ist darauf angelegt, die Vorlage für ein Drehbuch zu liefern, in das das Buch viel später denn auch umgegossen worden ist. Bis auf wenige Motive – Menschen ohne Empathie, die zerstörerische Macht der Sexualität, Blindheit für das Offensichtliche – ein weitgehend harm- und folgenloser Roman.
Vladimir Nabokov: Gelächter im Dunkel. Aus dem Englischen von Renate Gerhart und Hans-Heinrich Wellmann; bearb. von Dieter E. Zimmer. In: Gesammelte Werke III. Frühe Romane 3. Hg. v. Dieter E. Zimmer. Reinbek: Rowohlt, 1997. Leinen, Fadenheftung, Lesebändchen, 271 (von 813) Seiten. 39,95 €.