Der siebte Band der Rougon-Macquart. Nachdem Zola in Seine Exzellenz Eugène Rougon die Kreise der Pariser Hochpolitik dargestellt hat, wendet er sich im Nachfolgeband dem Arbeitermilieu zu. Im Zentrum des Romans steht Gervaise Macquart, eine der beiden Töchter Antoine Macquarts, die bereits als junges Mädchen Plassans zusammen mit Jacques Lantier verlassen hatte. Der Roman beginnt, als Gervais von Lantier, von dem sie zwei Kinder hat und mit einem dritten schwanger ist, verlassen wird. Lantier ist ein Säufer und Schmarotzer, und als Gervais und ihm die Mittel auszugehen drohen, orientiert er sich anderweitig. Gervais nimmt sich diese Trennung nicht zu sehr zu Herzen, obwohl sie Lantier noch liebt, sondern fängt an, sich und ihre Kinder durch harte Arbeit zu ernähren. Sehr bald bekommt sie einen Heiratsantrag ihres Nachbarn Coupeau, den sie nach einigem Zögern annimmt.
Coupeau erscheint zuerst als Mustergatte: Im Gegensatz zu Lantier trinkt er nicht, er bringt seinen Lohn brav nach Hause, ist genau wie seine Frau spar- und strebsam, so dass die beiden, die auch eine gemeinsame Tochter – Nana – bekommen, bald daran denken können, dass sich Gervais mit einer Wäscherei selbstständig macht. Doch Coupeau erleidet einen Arbeitsunfall, der ihn monatelang arbeitsunfähig macht. Der Verdienstausfall und die Arztkosten verzehren das angesparte Kapital, so dass Gervais den Plan mit der Wäscherei schon verloren gibt, als sich die Goujets, Nachbarn und ein Muster an Wohlanständigkeit, deren Sohn zudem auch noch in Gervais verliebt ist, bereit erklären, ihr das nötige Startkapital zu leihen.
Gervais’ Traum von einer kleinbürgerlichen Zukunft scheint damit gerettet. Es macht ihr auch nichts aus, dass ihr Ehemann nach seiner Gesundung nicht nach Arbeit sucht, sondern sich an das süße Nichtstun gewöhnt zu haben scheint. Im Gegensatz zu früher beginnt er nun auch, regelmäßig zu trinken, zwar erst nur Wein, mit der Zeit aber auch immer stärker Sachen. Die Lage spitzt sich weiter zu, als auch Lantier wieder auftaucht: Entgegen anfänglicher Befürchtungen von Gervais, ihr eifersüchtiger Ehemann könne einen Skandal heraufbeschwören, verstehen sich die beiden Männer beinahe auf Anhieb, und Lantier mietet sich bei den Coupeaus ein, versteht sich mit dem Ehemann aufs Beste und wird ein Schmarotzer mehr im Haushalt, ja schließlich sogar wieder Gervais’ Liebhaber.
Natürlich hält der Verdienst der kleinen Wäscherei Gervais’ zwei solche Schmarotzer schlecht aus, und da auch Gervais dazu neigt, es sich gut gehen zu lassen, leidet die Familie unter ständiger Geldnot. Der soziale Abstieg ist unvermeidlich; Gervais muss, als sie die Miete nicht mehr zahlen kann, den Laden aufgeben, Lantier wechselt gleich mit zu den neuen Ladenbesitzern, und Gervais und ihr Ehemann geraten in eine Spirale der Verarmung, aus dem sie sich nicht zu befreien verstehen. Als schließlich auch Gervais anfängt zu trinken, ist es mit der Familie endgültig aus: Nana wird Prostituierte, Coupeau verendet im Delirium und schließlich geht Gervais an Hunger und Kälte zugrunde.
Der Totschläger hat seinen Titel von einer Bezeichnung billiger Kneipen, die im Pariser Argot des 19. Jahrhunderts »Assommoir« genannt wurden; Totschläger ist als Übersetzung vielleicht etwas drastisch, trifft aber die Intention Zolas bei der Titelgebung. Der Totschläger ist der erste Roman der Rougon-Macquart, bei dem sich Zola genötigt sah, ihn durch ein Vorwort in Schutz zu nehmen. Schon auf den Zeitungs-Vorabdruck hatte die Kritik mit Vorwürfen reagiert, der Roman verwende eine zu drastische Sprache und schildere Szenen, die so nicht literarturfähig seien. Zola wendet dagegen ein, dass er sorgfältig die Sprache des Volkes gesammelt habe und dass das von ihm geschilderte Elend so tatsächlich vorhanden sei. Bereits die zeitgenössische Kritik hat aber festgestellt, dass Der Totschläger bei allem Realismus doch weit entfernt von sozialer Kritik bleibt. Sicherlich schildert Zola unmenschliche soziale Verhältnisse, aber seine Figuren bleiben im Wesentlichen Opfer ihrer selbst. Es sind nicht gesellschaftliche Verhältnisse, die sie scheitern lassen, sondern Zufälle und die Unzulänglichkeiten ihrer Charaktere. Diese Einschränkung der Perspektive wird erst in Zolas späteren Romanen aufgehoben werden.
Übersichtsseite zur Rougon-Macquart
Émile Zola: Die Rougon-Macquart. Natur- und Sozialgeschichte einer Familie unter dem zweiten Kaiserreich. Hg. v. Rita Schober. Berlin: Rütten & Loening, 1952–1976. Digitale Bibliothek Bd. 128. Berlin: Directmedia Publ. GmbH, 2005. 1 CD-ROM. Systemvoraussetzungen: PC ab 486; 64 MB RAM; Grafikkarte ab 640×480 Pixel, 256 Farben; CD-ROM-Laufwerk; MS Windows (98, ME, NT, 2000, XP oder Vista) oder MAC ab MacOS 10.3; 256 MB RAM; CD-ROM-Laufwerk. 10,– €.