Als ich noch Bücher las, habe ich irgendwo das Diktum gefunden, daß der Mensch nie verzweifeln könne, denn es bleibe ihm auch beim schlimmsten Zahnweh immer die tröstliche Möglichkeit des Selbstmordes.
Ich habe ein Analogon dazu; ich sage mir: Du kannst zwar versumpfen, aber es bleibt Dir immer noch die Möglichkeit, Journalist zu werden.
Otto Julius Bierbaum
Stilpe
Schlagwort: Poesiealbum
Aus meinem Poesiealbum (XVIII) – Bildung
Die ganze Welt ist voll gelahrter Männer, hochbelesener Lehrer, voll reichbegabter Büchersäl, und dünket mich daß eine solche Bequemlichkeit der Studien wie man itzo siehet, weder zu Plato noch Cicero Zeiten, noch Papiniani gewesen sey. Und wird sich künftig in Gesellschaft gar keiner mehr herfürtraun dürfen, der nicht in der Minerva Werkstatt recht aus dem Grund poliret ist. Ich seh, es sind die Strassenräuber, Stallbuben, Waghäls und Henkersknecht itzund gescheiter als die Doctoren und Prediger zu meiner Zeit.
François Rabelais
Gargantua und Pantagruel
Aus meinem Poesiealbum (XVII) – Kontaktanzeige
Single, tall, rich, handsome, middle-aged American man with good personality desires to meet beautiful young Hungarian girl for serious relationship. One or more photos please.
Robert James Fischer (1993)
Aus meinem Poesiealbum (XVI) – Positivismus
Die Welt ist alles, was der Fall ist. Die Masse will es so, es ist ein Kreuz.
Eckhard Henscheid
Beim Fressen beim Fernsehen fällt der
Vater dem Kartoffel aus dem Maul
Aus meinem Poesiealbum (XV) – Ostern
Im Schweitzerland, allwo die frömmsten Leute wenn’s wohl gerät jährlich einmal, um die Osterzeit, in die Kirche kommen, schickte ein achtzigjähriger Vater seinen fünfundzwanzigjährigen Sohn das erstemal ins Tal. Und als er wieder nach Hause kam, examinierte er ihn, was Jener dort gehört und gesehen? Da erzählte denn der Sohn: es hätte ein Kerl, die lang die breit, von einem Andern daher gesagt: wie man den verraten & verkauft, gefangen & gebunden, geschleifet & geschlagen, und endlich gar gekreuziget hätte. »Ja, Vater,« sagte er: »So übel ist man mit ihm umgangen, daß er mich derb daurete.« / »Herrgott, Herrgott!« sagte darauf der Alte: »Ist denn dieser Handel immer noch nicht ausgemacht?! Es ist wohl 20 Jahr, daß ich das letztemal in der Kirchen gewesen: da hatte man diese Sache auch schon unterhanden! Es wundert mich, was nur unsere Regierung tut, daß sie es nicht einmal vollends erörtern!«
Arno Schmidt
Die Gelehrtenrepublik
Aus meinem Poesiealbum (XIV) – Rechenkünstler
Angeregt durch dies kleine Rechenkunststück des Dr. Köllerer
Fun Fact: Addiert man alle Supermärkte in Wien mit den eingesetzten U-Bahn-Waggons, dann erhält man die exakte Zahl an aktiven Bettlern.
— Christian Koellerer (@DrPhiloponus) December 19, 2012
ist mir folgendes wieder in den Sinn gekommen:
»Kann man ungleichnamige Größen miteinander multiplizieren?«
»Man kann es.«
»So? Also multiplizieren Sie mir siebzehn Pfund mit drei Ellen, was kommt denn da heraus?«
»Siebzehn Pfund, multipliziert mit drei Ellen, das macht netto sechs Kilogramm, dreizehn Hektoliter, achtundzwanzig Millimeter, zweieinhalb Gallonen, sechs Yards.«
»Sie wissen gar nichts.«
»Rechnen S’ nur nach!«Johann Nestroy
Die schlimmen Buben in der Schule
Aus meinem Poesiealbum (XIII) – Elfenbeinturm
Ich habe immer versucht, in einem Elfenbeinturm zu leben; aber ein Meer von Scheiße schlägt an seine Mauern, genug, ihn zum Einsturz zu bringen.
Gustave Flaubert
an Ivan Turgenev, 13. November 1872
Aus meinem Poesiealbum (XII) – Mond
Am Abend geht der Mond auf, seine feine gebogene Sichel ist wie der Pantoffel einer Chinesin.
Gustave Flaubert
Reisetagebuch 1858
[…] die Sonne begann zu sinken, und auf der gegenüberliegenden Seite des Himmels zog bereits die Sichel des Mondes herauf.
Gustave Flaubert
Salambo
»Könnten Sie mal bei Walter Scott, im Original, nachsehen«, fiel mir als weitere Bestechung für ihn ein : »Da kommt im ‹Herz von Midlothian› das Phänomen vor, daß ‹der volle Mond breit im Nordwesten› aufsteigt.« Er hatte mir lässig das verbrauchte Profil hingehalten, und fragte jetzt vornehm erschöpft : »Warum ? Gibt’s das nicht ?« (Man ist also doch letzten Endes allein !).
Arno Schmidt
Rollende Nacht
Aus meinem Poesiealbum (XI) – Computer
now it’s computers and more computers
and soon everybody will have one,
3-year olds will have computers
and everybody will know everything
about everybody else
long before they meet them
and so they won’t want to meet them.
nobody will want to meet anybody
else ever again
and everybody will be
a recluse
like i am now.Charles Bukowski
Aus meinem Poesiealbum (X) – Frühling
Beckett’s life and work taught others the lesson he said he learned from Joyce: the meaning of artistic integrity. His vision never yielded. Even on a sunny day in London, as he strolled through a park in evident pleasure, when a friend remarked that it was a day that made one glad to be alive, Beckett turned and said, “I wouldn’t go that far.”
William A. Henry III