Johann Wolfgang Goethe / Friedrich Schiller: Xenien

Als 1794 die Zusammenarbeit Goethes und Schillers beginnt, befinden sich beide in einer Art von Isolation vom und Opposition zum literarischen Leben der Zeit: Schiller hatte drei Jahre lang von einem Stipendium gelebt und suchte im Anschluss daran nun eine Möglichkeit, seine Familie und sich mit der Herausgabe einer anspruchsvollen literarischen Zeitschrift – Die Horen – zu finanzieren, stand aber in einer gewissen Spannung zu der jungen Generation von Schriftstellern, die gerade in Mode war. Auch hatte er selbst zuletzt neben einem historischen Werk hauptsächlich theoretische Texte zur Literatur veröffentlicht. Sein Ruhm als einer der jungen Feuerköpfe der Literatur gehörte inzwischen der Vergangenheit an. Von daher war der in der Nachbarschaft lebende Goethe, dem ebenfalls der Ruf anhaftete, eine gewesenes Genie zu sein, eine natürliche Wahl als Mitstreiter für das neue Projekt. Auch Goethe hatte nach seiner Rückkehr aus Italien Schwierigkeiten, wieder ans gesellschaftliche und literarische Leben anzuknüpfen. Es ist daher nur zu verständlich, dass er sich für Schillers Vorschlag zur Mitarbeit an den Horen begeistern konnte: Es bestand die Aussicht, auf diesem Weg wieder innovative Akzente setzen und sich damit zurück in die literarische Diskussion der Zeit bringen zu können.

Diese Interessengemeinschaft wird im Laufe des Jahres 1795 zu einer Art Kampfbündnis und schließlich zu der Arbeitsgemeinschaft, über deren mehr als zehnjähriges Bestehen dann der Briefwechsel eine so umfassende Dokumentation liefern wird. Als erstes echtes Gemeinschaftsprojekt entstehen ab Dezember 1795 während eines knappen Jahres etwa 1.000 Distichen („Im Hexameter zieht der ästhetische Dudelsack Wind ein; [/] Im Pentameter drauf läßt er ihn wieder heraus“ wird Matthias Claudius spöttisch dichten), zuerst als satirische Kurzkritiken anderer Zeitschriften vorgeschlagen, dann aber zu einem Rundumschlag werdend gegen Schriftsteller und andere Zeitgenossen, literarische Tendenzen und Moden, poetologische Theorien und schließlich beinahe alles und jedes.

Peterskirche

Suchst Du das Unermeßliche hier? Du hast dich geirret,
Meine Größe ist die, größer zu machen dich selbst.

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Die Zusammenarbeit ist dabei so eng, dass sich bei zahlreichen dieser sogenannten Xenien (wörtlich: „Gastgeschenke“, nach den Epigrammen Martials) auch heute nicht bestimmen lässt, wer der eigentliche Autor der einzelnen Verse ist. So werden die Xenien für gewöhnlich vollständig sowohl in die Werke Goethes als auch Schillers eingereiht.

Die Xenien waren übrigens ein vollständiger Erfolg, was ihre Wirkung angeht: Sie waren der literarische Skandal der Jahreswende 1796/1797, nachdem 400 von ihnen anonym bei Cotta im Musen-Almanach für das Jahr 1797 erschienen waren. Es fühlten sich über den Kreis der Gemeinten hinaus zahlreiche andere Autoren getroffen und das allgemeine Palaver war vollkommen. Die beiden Weimarer Klassiker hatte einmal mehr bewiesen, dass sie noch dazu in der Lage waren, die literarische Welt aufzumischen.

Die jetzt von Reclam vorgelegte Ausgabe ist leider eine Enttäuschung: Nicht nur enthält sie nur eine Auswahl der Xenien, sondern sie bringt auch nur eine minimale Kommentierung dieser Texte, die bereits für die Zeitgenossen nicht immer leicht zu entschlüsseln waren. Das knappe Nachwort ist zwar inhaltlich untadelig, schafft es aber auf dem wenigen Raum, den es einnimmt, problemlos, sich zu wiederholen. Hier hätte man sich eine dem heutigen Leser weiter entgegenkommende Aufbereitung dieser oft kryptischen Verse gewünscht. Auch ist die vorgenommene Auswahl zwar durchaus nachvollziehbar, aber was einer vollständigen Ausgabe entgegensteht, will sich wenigstens mir auf Anhieb nicht eröffnen: Wenn sich schon jemand für die Xenien interessiert und sie nicht ohnehin als Teil eines umfassenden Werkausgabe besitzt, warum sollte der nicht eine vollständige und umfangreich kommentierte Ausgabe wünschen statt dieser konsequenten Halbheit? Am Preis kann es in diesem Fall wirklich nicht liegen.

Johann Wolfgang Goethe / Friedrich Schiller: Xenien. Eine Auswahl. Hg. v. Frieder von Ammon u. Marcel Lepper. RUB 14250. Stuttgart: Reclam, 2022. Broschur, 96 Seiten. 6,– €.

W. Daniel Wilson: Goethes Erotica und die Weimarer ›Zensoren‹

Zunächst war die sittliche Libertinage also eine Erfindung der Propaganda gegen heterodoxe Denker. Im 17. Jahrhundert untermauerten englische Sittenstrolche in der Tat ihre sexuellen Freizügigkeiten mit einer Verachtung herkömmlicher Religion, die sie als heuchlerisch und sinnenfeindlich anprangerten.

Wilson-Goethes-Erotica

W. Daniel Wilson gibt gern das Enfant terrible der Goethe-Forschung. Im Jahr 1999 gelang ihm mit „Das Goethe-Tabu“ der erste größere Erfolg in dieser Rolle, als er nachwies, dass es sich bei Goethe – einem Mann der immerhin ein knappes Jahrzehnt Minister und den Großteil seines Lebens Geheimer Rat in einem deutschen Kleinstaat gewesen war – nicht um das Vorbild eines liberalen Demokraten gehandelt hatte, sondern um einen ziemlich konservativen, staatserhaltenden und restriktiven politischen Kleingeist, der vor der Zensur freiheitlichen Gedankengutes auch nicht einen Augenblick zurückschreckte. Die meisten Goethe-Kenner gähnten angesichts dieser tiefen Einsicht, die ihnen schon vor etwa hundert Jahren einmal irgendwo über den Weg gelaufen war, aber immerhin ließ sich dadurch eine Ikone der akademischen Goethe-Verkennung wie Katharina Mommsen zu Dummheiten im Goethe-Jahrbuch hinreißen. In London poppten die Sektkorken!

Seitdem liefert Wilson mit schöner Regelmäßigkeit weitere schockierende Erkenntnisse über Goethe: Der habe – wenn auch vielleicht nicht selbst homosexuell – über Homosexualität nicht nur Bescheid gewusst (wer mag es ihm verraten haben?), sondern diese Kenntnisse sogar hier und da in seinen Schriften aufscheinen lassen. Ei, der Doppeldaus!

Und heuer: Goethes Erotica! Nun wäre das Sexuelle bei Goethe durchaus ein reizvolles Thema, galt der Weimarer Meister doch zahlreichen seiner Zeitgenossen als zu freizügig und seine Schriften als nicht unbedingt geeignet, um in die Hände eines unverheirateten Mädchens – schon damals die bedeutendsten und dankbarsten Rezipienten deutscher Klassik – gelegt zu werden. Dazu müsste man sich etwa mit dem „Faust“ beschäftigen, in dem die Sexualität als Mittel zur Lebensfreude eine bedeutende Rolle spielt:

Faust.
Ich bin ihr nah’, und wär’ ich noch so fern,
Ich kann sie nie vergessen, nie verlieren;
Ja, ich beneide schon den Leib des Herrn,
Wenn ihre Lippen ihn indeß berühren.

Mephistopheles.
Gar wohl, mein Freund! Ich hab’ euch oft beneidet
Um’s Zwillingspaar, das unter Rosen weidet.

Faust.
Entfliehe, Kuppler!

Mephistopheles.
Schön! Ihr schimpft, und ich muß lachen.
Der Gott, der Bub’ und Mädchen schuf,
Erkannte gleich den edelsten Beruf,
Auch selbst Gelegenheit zu machen.
Nur fort, es ist ein großer Jammer!
Ihr sollt in eures Liebchens Kammer,
Nicht etwa in den Tod.

Im „Faust“ ist es immer wieder eher erstaunlich, was verlegerische und staatliche Zensur im Buch haben stehen lassen als die wenigen Zensurstriche, die dann doch erzwungen wurden.

Faust mit der jungen tanzend.
Einst hatt’ ich einen schönen Traum;
Da sah ich einen Apfelbaum,
Zwey schöne Aepfel glänzten dran,
Sie reizten mich, ich steig hinan.

Die Schöne.
Der Aepfelchen begehrt ihr sehr
Und schon vom Paradiese her.
Wie freudig fühl’ ich mich bewegt,
Daß auch mein Garten solche trägt.

Mephistopheles mit der Alten.
Einst hatt’ ich einen wüsten Traum;
Da sah ich einen gespaltnen Baum ,
Der hatt’ ein — — —;
So — es war, gefiel mir’s doch.

Die Alte.
Ich biete meinen besten Gruß
Dem Ritter mit dem Pferdefuß!
Halt’ er einen — — bereit,
Wenn er — — — nicht scheut.

Auch hier passierten die weiblichen Brüste (wieder biblisch verbrämt) unbehelligt die Zensur, doch das ,ungeheure Loch‘, das aus dem Reimwort ,doch‘ und der für den Versrhythmus erforderlichen Silbenzahl eventuell erraten werden konnte, ist dann zuviel. Zusätzlich wird auch das Adjektiv ,groß‘ in der darauffolgenden Zeile gestrichen, um das korrekte Verständnis noch weiter zu erschweren. (Wer wissen will, was die Zensurstriche der letzten Strophe verbergen, soll ruhig einmal eine Goethe-Ausgabe zur Hand nehmen oder zumindest googlen).

Noch interessanter aber scheint mir, dass nur wenige Verse später eine geni(t)ale Anspielung dem wachsamen Auge der Zensoren entgangen ist:

Mephistopheles […] zu Faust der aus dem Tanz getreten ist.
Was lässest du das schöne Mädchen fahren?
Das dir zum Tanz so lieblich sang.

Faust.
Ach! mitten im Gesange sprang
Ein rothes Mäuschen ihr aus dem Munde.

Mephistopheles.
Das ist was rechts! Das nimmt man nicht genau.
Genug die Maus war doch nicht grau.
Wer fragt darnach in einer Schäferstunde?

Auch im Zweiten Teil der Tragödie fanden sich entsprechend schlimme, die Zeitgenossen erregende Stellen, so etwa der von den Ärschlein der Faust in den Himmel entführenden Engel sexuell erregte Mephistopheles (erstaunlich, dass wenigstens einer der Leser der Erstausgabe überhaupt bis zu dieser Stelle vorgedrungen ist). Weit süffigere aber hatte Goethe so gut versteckt, dass sie nicht einmal von den Herausgebern bemerkt worden waren:

Alt-Wälder sind’s! die Eiche starret mächtig,
Und eigensinnig zackt sich Ast an Ast;
Der Ahorn mild, von süßem Safte trächtig,
Steigt rein empor und spielt mit seiner Last.

Und mütterlich im stillen Schattenkreise
Quillt laue Milch bereit für Kind und Lamm;
Obst ist nicht weit, der Ebnen reife Speise,
Und Honig trieft vom ausgehöhlten Stamm.

Auch das darf mit Fug ein Schäferstündchen heißen!

Dann könnte man etwa über jenen ehelichen Geschlechtsverkehr und doppelten Ehebruch nachdenken, den Goethe in „Die Wahlverwandtschaften“ mit einer für seine Zeit außerordentlichen Deutlichkeit schildert und der ihm viel Kritik aus den Kreisen ordentlicher Bürger einbrachte. Denn merke:

Man darf das nicht vor keuschen Ohren nennen,
Was keusche Herzen nicht entbehren können.

Um den erotischen oder sexuellen Anteil an Goethes Werken richtig einschätzen zu können, wäre allerdings einiges an Vorarbeit zu leisten: So wäre zu sichten, was es an erotischer und pornographischer Literatur im 18. Jahrhundert gab, wie sie reproduziert und gehandelt wurde, wer mit wem darüber wie kommuniziert hat, ob und wie sich die Grenzbezeichnungen ,Unsittliches‘, ,Erotisches (Erotica)‘ und ,Pornographie‘ im allgemeinen Gebrauch der Zeit voneinander unterschieden (anstatt wie Wilson im aktuellen Duden (!) nachzuschauen, wie der Pornographie definiert), wie unterschiedlich antike und neuzeitliche Erotica bewertet und behandelt wurden, wie mit offen unsittlichen Autoren wie Shakespeare verfahren wurde, welche überaus differenzierten Unterschiede die Zeitgenossen Goethes zwischen privater und öffentlicher Rezeption und zwischen privatem und öffentlichem Urteil machten usw. usf. Das alles ist ein sehr weites Feld, auf dem nicht nur literarhistorische, sondern auch wichtige soziologische und hygienische Erkenntnisse über das späte 18. und frühe 19. Jahrhundert zu heben wären.

Aber keine Sorge, Wilson macht nichts von alledem. Stattdessen konzentriert er sich im Wesentlichen auf zwei Gedichtzyklen Goethes nach antiken Vorbildern – die „Römischen Elegien“ und die „Venezianischen Epigramme“ – und deren Publikationsgeschichte; ganz am Ende kommt noch ein bisschen „West-östlicher Divan“ dazu, weil ihm wohl wer gesteckt hat, dass es auch da verborgene Sauereien gibt. Dabei konstruiert sich der Skandal in zwei Tatbeständen: Zum einen, dass beide Zyklen zu Goethes Lebzeiten (und auch später noch) nicht vollständig abgedruckt wurden, was Wilson gerne unter Zensur, nein, Entschuldigung: ,Zensur‘ bzw. ,Selbstzensur‘ verbucht haben möchte. Zum anderen, dass in den Handschriften der „Venezianischen Epigramme“ Stellen abgeschabt und ausradiert und später sogar ausgeschnitten wurden. Schauen wir uns die Teilskandale nacheinander an:

Schon bei der Niederschrift beider Gedichtzyklen war Goethe bewusst, dass an eine vollständige Veröffentlichung dieser Gedichte in ihrer ursprünglichen Form kaum zu denken war. Die „Römischen Elegien“ waren für Schillers Zeitschrift „Die Horen“ vorgesehen, eine Auswahl der „Venezianischen Epigramme“ für einen von Schiller herausgegebenen Musen-Almanach. In beiden Fällen nahm Schiller also seine Pflichten als Herausgeber wahr, las die Texte, besprach mit Goethe, was im Druck mitteilbar wäre, was man seiner Meinung nach streichen müsste bzw. welche der Epigramme für den Almanach überhaupt nicht in Frage kämen (das waren die explizit sexuellen und die antiklerikalen bzw. antichristlichen). Außerdem hatte Goethe die Elegien dem Herzog Karl August und Herdern vorgelesen, bei denen er damit rechnen konnte, dass sie die antikisierende Form goutieren und den dazu passenden Inhalt wie erwachsene Männer wahrnehmen konnten. Beide lobten die Gedichte, rieten von einer Veröffentlichung dennoch gänzlich ab, was Goethe aber nicht daran hinderte, die Elegien mit Ausnahme von vieren in den „Horen“ erscheinen zu lassen. Auf Schillers Vorschläge zur Einkürzung zweier Elegien reagierte er, in dem er diese komplett zurückzog; er wollte sie also lieber gar nicht als verstümmelt drucken lassen. Nichts von all dem ist skandalös, nichts hat mit Zensur oder Selbstzensur zu tun, ob nun in Anführungsstrichen oder nicht, sondern es stellt einen für fast alle Zeiten ganz normalen Publikationsprozess dar. Wilson dagegen möchte aus dem Vorgang um die Elegien eine große Enttäuschung Goethes konstruieren, die im Nachklapp fast noch zu einer Staatsaffäre geworden wäre, wenn man nur wüsste, ob und weshalb der Herzog ein späteres Gedicht Goethes im Geheimen Consilium hat besprechen lassen wollen. Doch: Dem Skandaliseur ist nix zu schwör: Mit Hilfe der Wörtchen ,wahrscheinlich‘, , sicherlich‘ und ,offenbar‘ (dies besonders gern an Stellen verwendet, an denen nun wirklich nichts, aber auch gar nichts offenbar ist) kann man immer einen Skandal dort erzeugen, wo nichts ist.

Beim zweiten Teilskandal handelt es sich um die Frage, wer für die Abschabungen bzw. das Ausschneiden aus den Handschriften der „Venezianischen Epigramme“ verantwortlich war. Hier ist hervorzuheben, dass sich Wilson wenigstens dafür stark macht, die Großherzogin Sophie vom Verdacht auszunehmen, aber ansonsten kann er auch hier nur ausführlich herumraten und vermuten, wer es nicht gewesen ist. Schließlich legt er sich im Ausschluss-Verfahren beim Abschaben auf Walther von Goethe und beim Ausschneiden auf Bernhard Suphan oder Carl August Hugo Burkhardt, ja, nun gerade nicht fest.

All das ließe sich auch auf 8 statt auf 180 Seiten sagen, macht aber dann kein rechtes Skandalon. Folgen noch einige gehaltlose Anwürfe gegen die Hamburger Ausgabe und ihren Herausgeber sowie ein wenig oberflächlich Angelesenes über den ,Libertin‘ (siehe oben das Motto über die „englischen Sittenstrolche“!) und ob Goethe einer war (eigentlich nicht, aber in einigen Zügen dann doch vielleicht eher oder auch naja soso). Um noch ein letztes Mal den Dichter selbst zu bemühen:

Getretner Quark
Wird breit, nicht stark.

Schlägst du ihn aber mit Gewalt
In feste Form, er nimmt Gestalt.

W. Daniel Wilson: Goethes Erotica und die Weimarer ›Zensoren‹. Hannover: Wehrhahn, 2015. Bedruckter Pappband, Fadenheftung, Lesebändchen, 256 Seiten. 19,80 €.

Altes und Neues aus Bargfeld

Schriftsteller sollte man nie persönlich kennenlernen!

Arno Schmidt hat das große Glück gehabt, dass sich – zwar spät, aber immerhin – mit Jan Philipp Reemtsma ein potenter Mäzen eingefunden hat, der dafür gesorgt hat, dass Werk und Nachlass dieses außergewöhnlichen Autors nach seinem Tod von einer Stiftung betreut und sorgfältig ediert zum Druck gebracht wird. So sind in diesem Herbst im Vorfeld des 100. Geburtstages am 18. Januar 2014 vier Neuveröffentlichungen vorgelegt worden, die auf ganz unterschiedliche Lesergruppen abzielen.

Arno-Schmidt-PostautoMit »Und nun auf, zum Postauto!« erscheint zum ersten Mal eine umfangreiche Anthologie von Briefen Arno Schmidts außerhalb der Briefedition der Bargfelder Ausgabe. Wie die Herausgeberin Susanne Fischer, die unter anderem Geschäftsführerin der Bargfelder Arno Schmidt Stiftung ist, in ihrem kurzen Vorwort herausstellt, dokumentieren alle ausgewählten Briefe „Schmidts Selbstverständnis als Schriftsteller“. Von den in der Sammlung enthaltenen 160 Briefen sind einige bereits in den bislang erschienenen Briefwechseln enthalten, allerdings findet sich auch eine erkleckliche Anzahl bislang unveröffentlichter, von denen die an Schmidts langjährigen Verleger Ernst Krawehl und an Hans Wollschläger wohl zu den interessantesten gehören.

Für den Fachmann stellt sich über weite Strecken das gewohnte Bild der Selbstinszenierung des Autors als autodidaktisch errichtete Festung der Hochliteratur ein, das auch heute noch einen Teil der Rezeption Schmidts unangenehm prägt. Hier und da und besonders in den späteren Briefen finden sich aber erfreuliche Momente des Nachlassens jenes unentwegten, offiziellen Strammstehens im Dienste der Literatur.

Was ZETTELS TRAUM anbelangt, so sind 2.000 Seiten fertig, (dh im Rohentwurf; der aber notfalls auch schon einen recht leidlichen Begriff gäbe, (ich hab ihn ziemlich sorgfältig durchgeackert)); da er jedoch im Ganzen 5.000 bekommen wird, sind noch weitere 2 Jahre nötig. (Und dann noch womöglich eine ›Reinschrift‹!). Überdem werden unlängst (fürcht ich!) auch wieder Brotarbeiten einzuschalten sein; (war’s doch ohnehin wunders genug, daß ich anderthalb Jahre so pausenlos daran schuften durfte) – man schwâfelt so gern & viel von buddhistischer Ascese oder Acta Sanctorum plus Thebaischer Wüste: ich glaube immer ›zwei Jahre Bargfeld & Arbeit an ZT‹ würden selbst dem rindsledernsten Heiligen zu denken geben. (Zumal ich im – krassen Gegensatz zu Ihrer wohlwollenden Prognose – mit nichten der Hoffnung lebe, ich würde nun, mit diesem Werk in der Hand, endgültig den Gipfel des Parnaß usw.; (was allein rein technisch unmöglich ist; wird mein Büchlein doch, (wie Krawehl jüngst, besorgt, errechnete), 25 Pfund wiegen: wir haben vor, es mit Trageriemen binden zu lassen, und den größten Teil der Auflage unserer Bundeswehr, für Gepäckmärsche, zu offerieren); immerhin, Sie sehen, eine gewisse Einzigartigkeit ist fast schon garantiert).

an Hans Wollschläger, 20. 1. 67

Wie gesagt: Momente!

Die Briefe sind spärlich mit dem Notwendigsten kommentiert, was ich durchweg als angenehm empfunden habe; dem nicht so sehr bewanderten Leser dürfte aber wohl die eine oder andere Stelle etwas kryptisch bleiben, und ihm wird dann auch der Verweis des Kommentars auf die entsprechende Stelle der Bargfelder Ausgabe eher nur mäßig helfen, so er die nicht gerade zufällig zur Hand hat. Aber wahrscheinlich wird es ohnehin nicht so sehr viele Leser dieser Art geben.

Insgesamt eine vergnügliche Passage durch Leben und Werk, die mich an so manichäerleye (sorry!) erinnert und gemahnt hat.

»Und nun auf, zum Postauto!«. Briefe von Arno Schmidt. Hg. v. Susanne Fischer. Berlin: Suhrkamp, 2013. Pappband mit Leinenrücken, Fadenheftung, 296 Seiten. 29,– €.

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In der Universalbibliothek von Reclam sind gleich zwei Bändchen erschienen:

Arno-Schmidt-zum-VergnügenZum einen ist in der inzwischen sehr ansehnlichen Reihe „… zum Vergnügen“ (mit den feinen Umschlagbildern von Nikolaus Heidelbach) nun auch ein Arno-Schmidt-Band erschienen. Die Reihe versammelt Kurz- und Kürzesttexte des jeweiligen Autors, macht also selbst Kant zu einem potenziellen Aphoristiker. Schmidt ist für das Konzept ein sehr geeigneter Kandidat, da beinahe alle seine Text mit pointiert formulierten Gedanken und Schlagsätzen geradezu durchwirkt sind:

›Oh diese Deutsch’n!‹): »Die halbe Nazion iss irre; (& die andre Hälfte nich ganz bei Groschn!): Ich mag sie nicht.« (S. 83)

Das Leben des Menschen ist kurz; wer sich betrinken will, hat keine Zeit zu verlieren! (S. 133)

Ein Irrenhaus nimmt mich gar nicht mehr auf, ich habe mich erkundigt, ich machte ihnen bloß die Leute verrückt, hieß es. (S. 171)

Dabei beschränkt die Herausgeberin Susanne Fischer die Auswahl durchaus nicht nur auf solche aphoristischen Bonmots, sondern sie mischt zuweilen auch eine komplette Erzählung etwa aus Schmidts Stürenburg-Reihe, eines seiner Prosagedichte oder auch ein langes Briefzitat unter die Fragmente.

Für alle, die sich vor Schmidt aufgrund der gängigen Vorurteile über den Autor, ein wenig fürchten, ist dieses hübsch gemachte Bändchen eine Gelegenheit zum Schnuppern, für die anderen ein Vademecum zum Entdecken und Wiedererinnern.

Arno Schmidt zum Vergnügen. Hg. v. Susanne Fischer. RUB 18931. Stuttgart: Reclam, 2013. Broschur, 191 Seiten. 5,– €.

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Arno-Schmidt-WeimarZum anderen hat der Wieland-Kenner und -Herausgeber Jan Philipp Reemtsma die umfangreicheren Texte Arno Schmidts zum Weimar der Wieland- bzw. Goethezeit in einem Band versammelt: »Na, Sie hätten mal in Weimar leben sollen!« Der Weimarische Musenhof bildet ein für Schmidts Denken nicht unerhebliches Modell, das er ebenso zustimmend wie kennerisch ablehnend direkt und indirekt immer wieder an- und ausspielt.

Es ist ohne Zweifel so, dass trotz der an vielen Stellen formulierten kritischen, oft polemischen Haltung, Goethe derjenige Schriftsteller ist, den Arno Schmidt in seinem Werk am häufigsten zitiert und assoziiert. Diese Zitate belegen eine umfassende Kenntnis der Goetheschen Schriften. Auch für Wieland muss Schmidt als guter Kenner angesehen werden. Im Vergleich dazu spielt Johann Gottfried Herder, der Dritte im Bunde des Reclam-Bändchens, bei Schmidt nur eine nebensächliche Rolle. Zwar existiert ein umfangreicher Radio-Essay zu Herder, doch darüber hinaus scheint er nur wenig Einfluss auf Schmidt gehabt zu haben. Es ist auch unwahrscheinlich, dass Schmidt über eine etwa seiner Wieland- oder Goethe-Lektüre vergleichbare umfangreiche Kenntnis der Schriften Herders verfügte. Dabei ist der Radio-Essay über ihn durchaus quellen- und kenntnisreich, doch merkt man zum Beispiel dort, wo Schmidt die „Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit“ anhand der Kapitelüberschriften bespricht, dass seine Einsicht zumindest in die theoretischen Schriften Herders doch wohl eher kursorisch geblieben ist.

Als eigentliche Lücke in der Darstellung des klassischen Weimar stellt auch Reemtsma zu Recht Schmidts unterbliebene Auseinandersetzung mit Leben und Werk Friedrich Schillers fest. Schiller, der in den frühen „Dichtergesprächen im Elysium“ als christlicher Eiferer und Gegenstück zum heidnischen Goethe vom Dichter-Paradies ausgeschlossen bleibt, findet auch später keine Gnade mehr vor den Augen des Bargfelder Meisters. Auch hier gilt, dass Schmidt Schiller durchaus pointiert und richtig zu zitieren weiß, doch findet er für ihn keinen Platz in seinem Pantheon, ein Schicksal, das natürlich noch andere Autoren dieser und der nachfolgenden  Zeit teilen: Hölderlin, Kleist und später dann Heine – um nur die mir wichtigsten zu nennen – bleiben Schmidt auch alle wesentlich fremd.

Vielleicht hätte man dem Band noch den kleinen Aufsatz „DIE GROSSEN SPINNEN.“ – ich zitiere den Titel absichtlich in der Schreibweise der Bargfelder Ausgabe (III/3, 228) – beigeben können, der sich zwar nur in der ersten Hälfte mit Weimar beschäftigt, aber eben in dieser Kürze ein Bild von den ungeselligen Dichtern zeichnet, das Schmidts Modell Weimar nahtlos an die Welt seiner „Gelehrtenrepublik“ anknüpft.

Arno Schmidt: »Na, Sie hätten mal in Weimar leben sollen!« Über Wieland – Goethe – Herder. Hg. v. Jan Philipp Reemtsma. RUB 18979. Stuttgart: Reclam, 2013. Broschur, 234 Seiten. 6,40 €.

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Arno-Schmidt-LesebuchBleibt abschließend noch „Das große Lesebuch“ zu würdigen, das im Fischer Taschenbuch Verlag den ehemaligen Hausautor Arno Schmidt an die Reihe anderer Großer Lesebücher anfügt. Als Herausgeber fungiert in diesem Fall Bernd Rauschenbach, der Geschäftsführende Vorstand der Arno Schmidt Stiftung.

Wem das reclamsche „Arno Schmidt zum Vergnügen“ dann doch zu fragmentiert und sprunghaft ist, findet im „Großen Lesebuch“ auf über 430 Seiten eine Fülle kurzer und längerer erzählerischer und essayistischer Texte vom erst posthum gedruckten Frühwerk bis zu den „Ländlichen Erzählungen“ aus der ersten Hälfte 60er Jahre, die in Erzählweise und Sprache schon deutlich auf „Zettel’s Traum“ verweisen. Dabei lässt sich Rauschenbach nicht von der Chronologie des Schmidtschen Werks leiten, sondern mischt Texte aller Werkphasen, wobei im Großen und Ganzen Länge und Komplexität der Stücke im Laufe einer kontinuierlichen Lektüre immer weiter zunehmen. Natürlich ist eine kontinuierliche Komplettlektüre von der ersten zur letzten Seite bei einem solchen Lesebuch wohl ohnehin eher die Ausnahme, was durch das Aufbrechen der Chronologie noch gefördert werden dürfte.

Es muss allerdings kritisch angemerkt werden, dass es bei einer solch chaotischen Ordnung dann eher misslich ist, wenn die spärlichen Angaben zur Entstehungszeit der einzelnen Stücke im Anhang des Bandes fehlerhaft sind: So ist „Enthymesis oder W.I.E.H.“ nicht im Februar 1956, sondern im Februar 1946 entstanden, ist also die allererste Nachkriegsprosa Schmidts, was für das Verständnis nicht ganz unerheblich ist. Aber hier hört die negative Kritik an dem Band auch schon wieder auf.

Eine gelungene Auswahl, die nicht nur für jeden an der deutschen Nachkriegsliteratur interessierten Leser etwas bringt, sondern sich auch uneingeschränkt als Einstieg in die literarische Welt Arno Schmidts empfehlen lässt.

Arno Schmidt: Das große Lesebuch. Hg. v. Bernd Rauschenbach. Fischer Tb. 90555. Broschur, 445 Seiten. 9,99 €.

Wieland in Oßmannstedt

978-3-937434-23-0Kleines Heft aus der Reihe »Menschen und Orte«, die ich bislang noch nicht kannte. Bekanntlich erwarb Christoph Martin Wieland 1797 ein Landgut in Oßmannstedt in der Nähe Weimars, um sich, ohne rechten Erfolg, als Landwirt zu versuchen. Das Haus ist, nachdem es zuletzt als Schule gedient hatte, von der Stiftung Weimarer Klassik zu Anfang des 21. Jahrhunderts endlich renoviert und die ehemals winzige Gedenkstätte (zwei Räume) erweitert worden, um den Begründer des Weimarischen Musenhofs an dieser Stelle angemessen präsentieren zu können. Der Ort ist natürlich allein deshalb wichtig, weil Wieland dort zusammen mit seiner Frau Dorothea und der »Seelentochter« Sophie Brentano in einem der schönst gelegenen deutschen Dichtergräber liegt.

Das nur 32 Seiten starke Heft enthält zahlreiche Abbildungen und Fotographien, und in der sie begleitenden, kenntnisreichen Biographie lassen sich auch vom Kenner noch nette Funde machen:

Mit Sorge betrachtete er [Wieland] die zunehmende Schwäche Dorotheas. Vierzehn Kinder hatte sie ihm geboren. „Es wären noch mehr geworden, wenn sich die Eheleute nicht zeitlebens gesiezt hätten“, hatte Goethes Freundin Charlotte von Stein gespottet.

Christoph Martin Wieland in Oßmannstedt. Text: Bernd Erhard Fischer. Photographien: Angelika Fischer. Berlin: Ed. A·B·Fischer, 2008. 32 Seiten, geheftet. 7,80 €.

Wilhelm Bode: Goethes Sohn

bode-AvG Auf meinem Schreibtisch liegt gerade der Band August von Goethe: »Wir waren sehr heiter«. Reisetagebuch 1819, zu dem hier in Kürze eine Rezension zu lesen sein wird. Das Buch ist herausgegeben von Gabriele Radecke, was mich daran erinnerte, dass ich im Jahr 2002 – also lange vor Beginn dieses Blogs – die ebenfalls von ihr herausgegebene Biographie August von Goethes aus der Feder Wilhelm Bodes gelesen und für die Goethe-Mailingliste rezensiert hatte. Ich erlaube mir, diesen Text überarbeitet und gekürzt hier noch einmal herzusetzen.

Wilhelm Bode (1862-1922) war wahrscheinlich der populärste Goethe-Forscher der vorletzten Jahrhundertwende. Immer dankbar wird die Forschung ihm für die drei Bände Goethe in vertraulichen Briefen seiner Zeitgenossen 1749-1832 sein. Zuletzt wurde diese wichtige Sammlung im Goethejahr 1999 aufgelegt, aber auch diese Neuauflage ist inzwischen nurmehr antiquarisch zu bekommen; sehr schade. Bode hat überraschend wieder einigermaßen Konjunktur; so erschien ebenfalls im Goethejahr 1999 eine Neuauflage von »Goethes Liebesleben«, und schließlich die vorliegende Biographie Augusts von Goethes aus dem Jahr 1918, die sich zurecht dessen erste wirkliche Biographie nennt.

Es bleibt allerdings rätselhaft, warum sich der Aufbau Verlag dazu entschlossen hat, dieses Buch neu zu drucken. Es ist in weiten Teilen überholt, im Stil oft schwülstig und im Umgang mit dem Verbiographierten zum Teil unerträglich gönnerhaft. Zu seinem Vorteil muß gesagt werden, dass Bode an zwei Stellen umfangreiche Originalquellen von Augusts Hand zitiert, die sehr reizvoll zu lesen sind.

Den sachlichen Mängeln hat man versucht dadurch aufzuhelfen, dass man dem Buch einen umfangreichen Anhang beigegeben hat. Darin finden sich nicht nur dankenswerter Weise die Nachweise der Zitate – eine Seltenheit in der Goetheliteratur, die in weiten Teilen nur Daten gibt – und ein Personenverzeichnis mit kurzen einordnenden Kommentaren, sondern auch ein fast 40 Seiten starker Einzelstellen-Kommentar, der die Fehler und Ungenauigkeiten Bodes bereinigt. Allerdings fördert dies nicht gerade den Lesegenuss, da man gezwungen wird, stets vorn und hinten im Buch gleichzeitig zu lesen. Dieser Anhang hat der Herausgeberin viel Arbeit gemacht, aber es bleibt unverständlich, warum sie ihre unbestrittene Sachkenntnis nicht besser dazu genutzt hat, eine eigene Biographie August von Goethes vorzulegen, die dem Forschungsstand entspricht, statt dass ein Buch wieder in Verkehr gebracht wird, das höchstens noch historisch-dokumentarischen Wert hat.

Wilhelm Bode: Goethes Sohn. Aufbau Taschenbuch 1829. Berlin, 2002. 488 Seiten. 12,– €.

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Vorzuziehen ist als Biographie immer noch das Buch von Werner Völker: Der Sohn August von Goethe (Frankfurt/M. u. Leipzig: Insel, 1992), das aber auch nur antiquarisch greifbar ist. Völker hat eine deutlich angenehmere Diktion, versucht, auf gleiche Augenhöhe mit August zu kommen, und ist in den Details deutlich zuverlässiger als der unkorrigierte Bode.

Ergänzend zu den Biographien sollte in jedem Fall hinzutreten: August von Goethe: Auf einer Reise nach Süden. Tagebuch 1830 (Hg. Andreas Beyer u. Gabriele Radecke. München: Hanser, 1999). Es handelt sich um das von Goethe bei seinem Sohn in Auftrag gegebene Reisetagebuch von dessen Italienreise, von der er bekanntlich nicht zurückgekehrt ist, ergänzt um die Briefe Augusts nach Weimar aus derselben Zeit. All dies wird hier zum ersten Mal nach den Handschriften gedruckt, was dem Leser einen sehr unmittelbaren Eindruck gibt. Mehr dazu in der bald folgenden Rezension des Reisetagebuchs von 1819.

Zum Sehen geboren, / Zum Schauen bestellt

goethe_comicDiese zweibändige Comic-Biografie Goethes ist bereits 1999 zum 250. Geburtstag erschienen; heuer, anlässlich des 175. Todestages, sind die beiden Bände zu einer Sonderausgabe zusammengefasst worden – und natürlich bin ich mit meiner Rezension für beide Jubiläen eigentlich schon zu spät. Schadet aber nichts, denn so gut ist das Ding nicht, dass einer was verpasst hätte.

Autor beider Teile ist Friedemann Bedürftig, und danach sind sie auch geraten: Insgesamt eine oberflächliche und fehlerhafte Darstellung entlang vieler Klischees und unter Auslassung wichtiger Informationen:

  • Ist es wirklich nötig, den jungen Goethe 1774 »An Schwager Kronos« in der geglätteten Fassung von 1787 rezitieren zu lassen?
  • Warum ist das Weimarer Schloss, das am 6. Mai 1774 abgebrannt ist, bei Bedürftig »vor zwei Jahren« abgebrannt, als Goethe im November 1775 in Weimar eintrifft?
  • Warum erfahren wir an keiner Stelle, dass Frau von Stein verheiratet war?
  • Warum werden für eine Szene der Walpurgisnacht Verse aus der Hexenküche zitiert?
  • Warum erfahren wir nicht, dass 1828 Großherzog Karl August stirbt?
  • Warum wird uns suggeriert, die Beschwörung des Erdgeistes, die bereits 1775 fertig war, sei Goethe im Zusammenhang mit der Exhumierung von Schillers Leichnam 1827 in den Sinn gekommen?
  • Warum wird uns als Pars pro toto für Eckermanns Gespräche mit Goethe ausgerechnet ein belangloses Gefasel über Brillen angeboten, das so nicht einmal dem tatsächlichen Gespräch vom 5. April 1830 entspricht?
  • Und warum gibt das Goethe-Institut seinen Namen für einen solchen Kram her?

Magst Priester, Weise fragen,
Und ihre Antwort scheint nur Spott
Über den Frager zu sein.

Die Zeichnungen des ersten Bandes von Christoph Kirsch sind etwas bieder und pädagogisch, während der zweite Band mit Zeichnungen von Thomas von Kummant und der Kolorierung durch Benjamin von Eckartsberg deutlich an Kraft und Ausdruck gewinnt, nicht zuletzt dadurch, dass er im Gegensatz zu Band 1 handgelettert ist.

Ach ja, da fällt mir noch ein: Über das ganze Buch hinweg herrscht ein seltsamer Mischmasch von alter und neuer Rechtschreibung; da hätte man auch mal abschließend drüberschauen können.

Alles in allem also: Inhaltlich gänzlich belanglos, graphisch im zweiten Teil durchaus ansehnlich.

Friedemann Bedürftig / Christoph Kirsch / Thomas von Kummant / Benjamin von Eckartsberg: Goethe – Zum Sehen geboren / Zum Schauen bestellt. Sonderausgabe in einem Band. Köln: Egmont, 2007. 109 Seiten. 14,– €.

Der elektronische Goethe

Goethe_DigibibDie Digitale Bibliothek hatte schon sehr früh zwei umfangreiche Textsammlungen zu Johann Wolfgang von Goethe herausgebracht: Bd. 4 enthielt eine umfangreiche Werkauswahl und Bd. 10 versammelte die Briefe und Tagebücher in der Fassung nach der sogenannten Sophienausgabe sowie eine frühe Fassung der Sammlung der Gespräche Goethes durch Woldemar von Biedermann. Nun bringt die Digitale Bibliothek einen Sonderband, der die beiden Bände zusammenfasst und so die umfassendste elektronische Quelle zu Goethe darstellt.

Da Goethe ohne Frage nicht nur für das 19., sondern auch noch für das 20. Jahrhundert einer der einflussreichsten deutschsprachigen Schriftsteller ist, bedarf eine elektronische Fassung seiner umfangreichen Schriften kaum einer Rechtfertigung. Was ist Goethe nicht alles zu Recht und zu Unrecht zugeschreiben worden, wer hat sich in den vergangenen 250 Jahren nicht alles auf Goethe berufen. Das Internet ist eine neue, reiche Quelle sogenannter zugeschriebener Zitate für die keinerlei Beleg angeführt werden und in vielen Fällen auch nicht anzuführen sind. Eine elektronische Ausgabe in dem Ufang, wie die Digitale Bibliothek jetzt anbietet, ist da eine solide Grundlage zur Überprüfung und Recherche.

Sie wird aber auch für den einen oder die andere Leser/in eine sinnvolle Ergänzung zur gedruckten Werkauswahl in seinem bzw. ihrem Bücherschrank sein. Denn wer hat schon vor, die Briefe Goethes in ihrer Gesamtheit zu lesen? Da braucht man eine durchsuchbare Quelle, in der man effizient nach Stichwörtern suchen und die Fundstellen vergleichen kann. Das alles bietet die seit vielen Jahren gut ausgereifte Software der Digitalen Bibliothek. Ähnliches gilt natürlich auch für die Sammlung der Gespräche, die zwar in der reproduzierten Sammlung von 1889 ff. nicht auf dem neusten Stand ist, für die allermeisten Belange auber vollständig ausreichen dürfte.

Grundlage der Werkauswahl sind in der Hauptsache die etwas ältliche aber recht umfangreiche Berliner Ausgabe der Werke Goethes und die immer populäre Hamburger Ausgabe. Auch dies ist nicht ideal, für praktische Zwecke völlig ausreichend. Die Briefe und Tagebücher werden – wie bereits erwähnt – nach der grundlegenden Sophien-Ausgabe präsentiert.

Abgerundet wird die umfangreiche Zusammenstellung durch den Text der kurzen Goethe-Biographie von Anja Höfer – gedruckt in der Reihe »dtv-portrait« – und dem sehr nützlichen »Who’s who bei Goethe« von Michael Lösch (ebenfalls im Druck bei dtv), einem ausführlichen Figurenlexikon zu den Werken Goethes. Insgesamt umfasst die CD-ROM mehr als 46.000 Bildschirmseiten, was in etwa 23.000 Buchseiten entsprechen dürfte. Der Preis von 19,90 € ist bei einem solchen Angebot kaum der Rede wert.

Johann Wolfgang von Goethe – Leben und Werk. Digitale Bibliothek Sonderband 30. Berlin: Directmedia Publishing, 2006. 1 CD-ROM. Systemvoraussetzungen: PC ab 486; 32 MB RAM; Grafikkarte ab 640×480 Pixel, 256 Farben; CD-ROM-Laufwerk; MS Windows (98, ME, NT, 2000 oder XP) – MAC ab MacOS 10.3; 128 MB RAM; CD-ROM-Laufwerk. Empfohlener Verkaufspreis: 19,90 €.

Software für Mac- und Linux-User kann von der Homepage der Digitalen Bibliothek heruntergeladen werden.

Das Buch vom schlechten Leser

barbey_antigoethe»Wenn ein Buch und ein Kopf zusammenstoßen«, schreibt der sehr große Lichtenberg, »und es klingt hohl, ist das allemal im Buch?« Dieser kleine Satz sollte allen Literaturkritikern ganz zu Anfang in ihr Stammbuch geschrieben werden, denn die Grundannahme der Literaturkritik ist im Normalfall, dass es sich um ein schlechtes Buch handeln muss, wenn der Kritiker mit dem Werk nichts Rechtes anzufangen weiß. Dass es aber – auch unter Kritikern! – prozentual mindestens ebenso viele schlechte Leser wie schlechte Bücher gibt, wird selten mitbedacht und noch seltener thematisiert. Nur hier und da erscheint einmal ein Beweis solcher Ignoranz, und es müssen schon ganz besondere Umstände zusammenkommen, damit nach über 100 Jahren ein solches Dokument noch einmal veröffentlicht wird.

Im Jahr 1873 erschien eine Reihe von Essays des damals in Frankreich hoch geschätzten Autors und Literaturkritikers Jules Barbey d’Aurevilly (1808–1889), die Goethe gewidmet sind und jetzt bei Matthes & Seitz in Berlin unter dem Titel Gegen Goethe zum ersten Mal auf Deutsch vorliegen. Barbey d’Aurevilly beginnt seine ausführliche Polemik gegen das Gesamtwerks Goethes mit einer skurrilen Szene:

Während die Preußen Paris bombardierten, las ich Goethe. Die Librairie Hachette hatte mir vor der Belagerung eine Ubersetzung seiner Sämtlichen Werke geschickt, damit ich sie in einer Zeitung bespräche, und zwischen zwei Wachen las ich immer wieder darin.

Dies ist eine Momentaufnahme aus dem Deutsch-französischen Krieg von 1870/71, den die Deutschen mit der Krönung Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser im Spiegelsaal zu Versailles abschließen sollten – einer bewussten Provokation und Demütigung der Franzosen, die dies bis zum Vertrag von Versailles im Jahr 1918 auch nicht vergessen würden.

Und auch Barbey d’Aurevilly nimmt auf seine Weise Rache für diese Schmach: Er verreißt Goethe! Und das in aller Aufrichtigkeit: Er muss sich durchaus nicht zwingen, Goethe schlecht und – was ihm unverzeihlicher zu sein scheint – unerträglich langweilig zu finden, seine dramatischen Figuren hölzern, seine Gedichte von des Gedankens Blässe angekränkelt, die Romane unmoralisch oder dumm oder auch beides. Und überhaupt mangele es Goethe an Gefühl, Phantasie und Erfindungsgabe; sein Versuch, diese Mängel durch Gelehrsamkeit auszugleichen, ende in einem Fiasko wie dem zweiten Teil des »Faust«, hinterlasse aber auch sonst überall verhängnisvolle Spuren.

Nun höre ich ringsum schon ein allgemeines Aufatmen: »Endlich sagt es mal einer!« – »Recht so! Immer feste druff!« – »Ich habe es ja immer schon gewusst, nur zu sagen habe ich es mich nicht getraut.« ––– Nein, ich muss alle Erleichterten enttäuschen: Barbey d’Aurevilly hat einfach Unrecht; er war im Grunde genommen nichts weiter als ein schlechter Leser Goethes. Dass er ein solch ausgezeichnet schlechter Leser des Weimarer Klassikers wurde, hatte gleich mehrere Wurzeln, die das kluge Nachwort von Lionel Richard detailliert vorführt und analysiert: Barbeys Konkurrenz zu Sainte-Beuve, Goethes hohes Ansehen bei den Anti-Romantikern Frankreichs und eben nicht zuletzt auch die nationale Konfrontation des gerade verlorenen Krieges. Barbey d’Aurevilly wollte Goethe schlechtfinden, koste es, was es wolle. Sein Unverständnis ist oft einfach nur grotesk zu nennen und selbst da, wo er sich genötigt sieht, wenigstens Teilaspekte des Werkes zu loben, kritisiert er das übrige nur um so heftiger.

Und nun in unsern Tagen die Leichtigkeit, jeden Irrtum durch den Druck sogleich allgemein predigen zu können! Mag ein solcher Kunstrichter nach einigen Jahren auch besser denken, und mag er auch seine bessere Überzeugung öffentlich verbreiten, seine Irrlehre hat doch unterdes gewirkt und wird auch künftig gleich einem Schlingkraut neben dem Guten immer fortwirken.

Goethe zu Eckermann, 13. Februar 1831

Warum wird ein solch weitgehend unbekanntes Buch noch einmal aufgelegt und der Irrtum erneut verbreitet? Nun muss man zuerst einmal natürlich auch Barbey d’Aurevilly und seinen Lesern eine gewisse Gerechtigkeit widerfahren lassen, denn dieses Buch hat auch ganz unabhängig vom Ziel der Polemik seine Berechtigung und seinen Platz im Werk Barbeys. Dann mag die eine oder andere auch Vergnügen an der Form der Polemik und Barbeys Eifer haben, an den Brotkugeln, die er auf den Adler schießt in der festen Überzeugung, es seien Kanonenkugeln, die einem Spatzen gölten. Und es ist zudem keine kleine Kunst, in einem so schmalen Band gleich so viele Irrtümer, Fehler und Vorurteile zu versammeln. Und ganz zum Schluss ist das Büchlein eben auch das oben genannte Dokument eines schlechten Lesers, eine Mahnung an alle Kritiker – sie werden sie nicht lesen oder, wenn sie sie lesen, nicht verstehen oder, wenn sie sie verstehen, gleich wieder vergessen. Aber vielleicht bleibt es ja als Gewinn bei den guten Lesern übrig, immer mitzubedenken, dass ein Verriss seinen Grund nicht immer darin haben muss, dass das besprochene Buch nichts taugt.

Da hatt ich einen Kerl zu Gast,
Er war mir eben nicht zur Last;
Ich hatt just mein gewöhnlich Essen,
Hat sich der Kerl pumpsatt gefressen,
Zum Nachtisch, was ich gespeichert hatt.
Und kaum ist mir der Kerl so satt,
Tut ihn der Teufel zum Nachbar führen,
Über mein Essen zu räsonieren:
»Die Supp hätt können gewürzter sein,
Der Braten brauner, firner der Wein.«
Der Tausendsakerment!
Schlagt ihn tot, den Hund! Es ist ein Rezensent.

Johann Wolfgang von Goethe

Jules Barbey d’Aurevilly: Gegen Goethe. Aus dem Französischen von Gernot Krämer. Matthes & Seitz, 2006. Pappband mit Schutzumschlag, fadengeheftet, Lesebändchen. 142 Seiten. 19,80 €.

Christoph Martin Wieland (1733–1813)

wielandEr war der erste ernsthafte deutsche Übersetzer Shakespeares, Gründungsvater des Weimarischen Musenhofs, väterlicher Freund Goethes und Heinrich von Kleists, Romanautor von Rang, Griechen- und Römerfreund und bedeutender Übersetzer antiker Autoren, Herausgeber einer der wichtigsten deutschen literarischen und politischen Zeitschriften, des »Teutschen Merkur« – alles in allem eine der herausragenden Gestalten der Literatur seiner Zeit und doch heute nur noch wenig gelesen. Sehr zu Unrecht, wie ich meine.

»In Deutschland«, schreibt Arno Schmidt, »haben wir ja ein ganz einfaches Mittel, einen intelligenten Menschen zu erkennen. […] Wenn er Wieland liebt.« Und auch die Antwort, die Schmidt auf diesen provokanten Satz folgen lässt, dürfte heute noch ebenso zutreffen: »er sagte würdig: ›Ich kenne ihn nicht‹.«

Dabei ist das sehr schade und gar keine Frage von Bildung oder Intelligenz, sondern einfach eine des Lesevergnügens. Wielands Romane und Verserzählungen sind von einem ausgesuchten Humor, sind gedankenreich und wortgewaltig. Manche Literaturgeschichte versucht Wieland als Spätling des Rokoko abzutun, aber damit wird man seiner literarischen Beweglichkeit und seinem aufklärerischen Geist keineswegs gerecht.

Wer war Christoph Martin Wieland?

Er wird 1733 als Sohn eines Pfarrers in der Nähe von Biberach geboren und erhält eine gute Schulbildung. Zum ersten Studium geht er nach Erfurt, wo er sich für die Philosophie einschreibt, die ihn zeitlebens begleiten und beschäftigen wird. Später studiert er noch zwei Jahre Jura in Tübingen und lebt dann für einige Jahre in Zürich, wo er unter anderem als Hauslehrer arbeitet. In diese Zeit fällt auch seine Liebe zu seiner Cousine Sophie Gutermann, mit der er sich zwar verlobt, die diese Verlobung aber löst, um Georg Michael Frank von La Roche zu heiraten. Unter ihrem Ehenamen Sophie von La Roche wird sie eine der führenden Autorinnen in Deutschland werden.

Wieland kehrt 1760 nach Biberach zurück und beginnt ernsthaft an seiner Karriere als Autor zu arbeiten. Es entstehen in rascher Folge die Übersetzungen von 22 Stücken William Shakespeares, die die erste Grundlage für die näherer Bekanntschaft der deutschen Leser mit diesem »dritten deutschen Klassiker« bilden. 1764 erscheint sein erster großer Roman: »Die Abentheuer des Don Sylvio von Rosalva«, ein Märchen im Geiste des »Don Quixote«. Und nur zwei Jahre später folgt »Die Geschichte des Agathon«, eine moralische Erzählung in griechisch-antikem Gewand; nach diesem Muster wird Wieland noch zahlreiche Erfolge schreiben. 1769 übersiedelt Wieland zurück nach Erfurt und tritt dort eine Stelle als Philosophie-Professor an. Im September 1772 verpflichtet ihn die Weimarer Herzogin Anna Amalie als Erzieher ihres bereits 15-jährigen Sohnes Carl August. Wieland nimmt dieses finanziell verlockende Angebot an, das ihm für den Rest seines Lebens eine Grundversorgung durch den Weimarer Hof garantiert.

Leben in Weimar und Oßmannstedt

Wieland ist es, der die Bekanntschaft Carl Augusts mit Goethe anregt und vermittelt, die schließlich ab 1775 zur Entstehung des Weimarischen Musenhofs führt. Wieland arbeitet auch nach seiner Entlassung als Prinzenerzieher unermüdlich weiter: Es folgen seine Übersetzungen des Horaz und des Lukian, für den »Teutschen Merkur« entstehen zahllose Aufsätze zu aktuellen politischen und philosophischen Themen und er schreibt weitere Romane und Versepen: Der satirische Roman »Die Abderiten« (bis heute eine hoch vergnügliche Lektüre!), die Verserzählung »Oberon«, der an Lukian angelehnte Dialogroman »Peregrinus Proteus«, »Agathodämon«, und nicht zuletzt der sehr wichtige Roman »Aristipp und einige seiner Zeitgenossen«, der so etwas wie das philosophische Vermächtnis Wielands enthält.

Unterdessen hat Wieland 1803 ein Landgut in der Nähe Weimars, in Oßmannstedt, erworben und hofft, damit die Einkommenslage seiner Familie verbessern zu können, was sich aber auf lange Sicht als Illusion erweist. In Oßmannstedt besuchen ihn Heinrich von Kleist, der zu der Zeit mit seiner Tragödie »Robert Guiskard« ringt, und die unglückliche Sophie Brentano, die Enkelin seiner Jugendliebe Sophie von La Roche und Schwester Clemens Brentanos, die im September 1803 in Oßmanstedt stirbt und auch dort auf dem Gute Wielands beigesetzt wird. Die Grabstätte liegt in einem Ilmbogen und nimmt später auch Wielands Ehefrau und schließlich ihn selbst auf. Die Grabstätte blieb bis heute unversehrt und ist eines der schönsten Dichtergräber der Deutschen Klassiker.

1803 verkauft Wieland das Gut in Oßmannstedt und zieht für die letzten zehn Lebensjahre nach Weimar zurück. 1808 kommt er noch in den »Genuss«, in Erfurt dem französischen Kaiser Napoleon beim Frühstücken zuschauen zu dürfen, ansonsten verbringt er seine späten Lebensjahre mit der Übersetzung der Briefe Ciceros. Am 20. Januar 1813 stirbt Wieland in Weimar und wird in Oßmanstedt beigesetzt.

Wieland wiederentdecken!

Schon zu seinen Lebzeiten galten Wielands Romane als ein wenig unmodern und überholt. Heute haben wir Leser die Chance, unbeeinflusst von solchen Vorurteilen einen witzigen und intelligenten Autor für uns wiederzuentdecken, von dem es viel, viel zu Lesen gibt. In den 80er Jahren gab es eine kleine Wieland-Renaissance, als Franz Greno in seinem Verlag die »Sämmtlichen Werke« Wielands in der Fassung letzter Hand in einer preiswerten Reprint-Ausgabe wieder auf den Markt brachte. Die Ausgabe dürfte heute noch zahlreich in den Antiquariaten zu finden sein. Viel Lesestoff für Neugierige und Literaturbeflissene.